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Kleinere Mittheilungen.
Die Selbstarzneien. Seit längerer Zeit geht sowohl durch Fach-
blätter wie durch die Laienliteratur (3. B. „Daheim“) als sensationell die
Entde>ung des französischen Physiologen Gautier, „wornach der mensch-
lihe Speichel nur dem Grade nach von dem Schlangengifte verschieden sei
und in der That ein sehr verdünntes Gift darstelle“. Gautier sammelte
etwa 20 Gramm menschlichen Speichels, reinigte und concentrirte den-
selben und erhielt nun eine Flüssigkeit, welche unter die Haut eines Vogels
gespritt, denselben tödtete. =- Daß dies an sich ja ganz interesjante Ex-
periment solches Aufsehen erregt, beweist nur, wie wenig Verständniß
für das Toncentrationögeset selbst in Fachkreisen herrscht. Jede Sub-
stanz, selbst das so unschuldige Ko< salz, und von thierischen Flüssigkeiten
der Harn (3 Harnstoffvergiftung), wird in großen Dosen oder hoher
Concentration zum Gift, aber andererseits durch geeignete Ber-
dünnundg zir -- Arznei, oder allgemeiner gesagt, zu einem Beleb-
ungsmitte : einer LebenSsessenz. Was sind denn alle unsere Arznei-
mittel, wie Belladonna, Opium, Strychnin, Digitalis, Akonit u. s. f. ? nichts
anders als verdünnte Gifte. 2) zeugt es für die häufig unpraktische
Richtung unserer Gelehrten. Nun: diese sollen allerdings die beiden
Seiten eines Stoffes, die giftige wie die arzneiliche, studiren, aber den
Schwerpunlt müsen sie doch auf die Seite legen, welche praktisc<h-wichtig
ist, und da3 ist beim Speichel die von der offiziellen Wissenschaft vollständig
vernachlässigte arzneiliche Seite: der Speichel ist in seiner natür-
kihen Concentration eine mac<hkvolle Arznei. Mit ihm heilt das Thier
die schwersten Wunden in einer überraschend schnellen Weise. Die bei
kleinen Kindern (und jungen Thieren) so häufig vorkommenden Augen-
katarrhe, Liedrandentzündunzen u. s. f. heilen sehr schnell, wenn die Mutter
die Augen des Kindes bele>t (meine Frau besorgte das bei meinen Kindern
auf meine Aufforderung hin stets mit sofortigem Erfolg). » Auch der Er-
wachsene bedient sich vorkommenden Falls am einfachsten seines eigenen
Augenbalsams, indem er ihn mit dem Finger aufstreicht. Ferner ist der
Speichel sehr wirksam gegen verschiedene <ronische (flechtenartige) Haut-
ausschläge bei Mensch und Vieh. -- Aehnliches gilt vom Harn, der ein
mächtiger Wundbalsam ist und als solcher bei allen Naturvölkern und beim
Landvolk =- jeder Knabe, der sich in den Finger schneidet, weiß das =-
im Gebrauch. Bei den Slovaken geht das so weit, daß sie die kleinen
Kinder nur mit Harn waschen, in Folge dessen diese Rangen eine haar-
sträubende Gesundheit troß all des Schmuße35, in dem sie leben, haben.
Natürlich dürfen beide Flüssigkeiten, Speichel wie Harn, nur frisch ver-
wendet werden. =- Warum in der Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt
js nah: -=- Hrn. Gautier lade ich ein, lieber Experimente über die Heil-
kraft des verdünnten Speichels, als über die giftige Wirkung des concen-
trirten zu machen. Meine Leser aber bitte ich, herzhaft zu ihrer Selbst-
( ane zu greifen, und wenn sie Erfolge haben, mich davon wissen zu lassen
1 Nutzen der andern.
- Bosse und Gymnastik. Hierüber erhalte ich folgende Mittheilung
von einem Wollenen: „Neulich wohnte ich als Zuschauer Vormittags dem
Fest des Athletic Klub der in Stuttgart lebenden Engländer bei und be-
obachtete folgendes: Von den Zweien, welche beim Dauerlauf zuerst er-
Üdeten, hatte ver eine eine baumwollene Bluse und eine wollene Hose