Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1882, Bd. 1, H. 1/12)

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Nervosität mit absoluter Schlaflosigkeit, war ich genöthigt, meinem Beruf 
als Jurist zu entsagen und Landwirth zu werden. Nachdem ich einige 
Zeit auf dem Lande zugebracht hatte, besserte sich mein Zustand und ich 
war nur noch durch eine fürchterliche Neigung zur Erkältung geplagt. Jm 
Frühjahr ging ich auf eine Hochschule um Landwirthschaft zu studiren und 
troßdem, daß die dortige Luft als eine sehr gute gerühmt wird, wurde ich 
in hohem Grad von der alten Nervensc<wäche befallen, so daß mein Körper 
in völlige Atonie zu versinken schien, besonders die Verdauung schlief gänz- 
lich ein. Jm Juni rieth mir deßhalb mein Arzt, mein Studium auf- 
zugeben und eine Luftveränderung vorzunehmen. Während meiner Muse 
im Bad F. las ih Ihr Buch (die „Entde>ung der Seele“), und jeßt 
möchte ich für mein Kranksein den Umstand nicht als bedeutungslos an- 
sehen, daß ich durch die auf der Hochschule herrschende Wohnungsnoth ge- 
zwungen wurde, in das Zimmer eines Menschen zu ziehen, der mir vom 
ersten Moment an außerordentlich unsympathisch war und der auch mein 
Zimmernachbar blieb. Derselbe litt, wie ich bald erfuhr, in hohem Grade 
an den Folgen eines ausschweifenden Leben3. Thatsache ist, daß die 
Tochter unseres Wirthes, die einen eben so heftigen Widerwillen gegen 
den Betreffenden hatte, als er sie zum Gegenstand seiner Verehrun 
machte, in gleihem Maß von Tag zu Tag elender wurde, wie jener sich 
kräftigte. Es wird mir interessant sein, festzustellen, ob die Entfernung des 
Menschen am Semesterschluß auf das Mädchen den gleichen günstigen Einfluß 
auSübt wie auf mich. -- (Jst das nicht wieder ein wundervoller Beleg für die 
Duft- und Seelenlehre? 1. ver Ausdünstungsduft eines Kranken ist Ge- 
stank, dieser erzeugt nach der „seelischen“ Seite Antipathie, nach der 
„somatischen“ EFelgefühle mit Verdauungsstörung, kurz „Krankheit.“ 
2. der Kranke fühlt sich hingezogen zu einem Mädchen. Das ist „Sym- 
pathie“, und der Umgang mit ihm wirkt „heilend kräftigend“ auf ihn. 
Wa3 ist das? Sympathie ist Wohlgeru< und Wohlgeruch ist 
Arzrei. =- Auch nach einer andern Seite ist der Fall lehrreich. Der Arzt 
kommt zu einem Kranken und da er ihm nicht helfen kann, verordnet er ihm 
einen „Luftwechsel“ und schit ihn in einen Badeort, in Folge dessen 
der Kranke sein Studium unterbrechen muß. Ehe ein Arzt eine solch ein- 
schneidende Ordination ertheilt, sollte er doch zuerst seine „Nase“ brauchen, 
um zu finden, was es ist, das die Luft für den Patienten schäd- 
lich ma<t. In diesem Fall hätte einfach ein Zimmexwecdsel genügt, 
um den Patienten der Schädlichkeit zu entrüken, und derselbe hätte nicht 
nöthig gehabt, seine Studien mitten im Semester zu unterbrechen. Jäger.) 
Jocus. 
Die Allgäuer Zeitung bringt in Nr. 191 in einer Korrespondenz aus 
Oberstdorf im Allgäu folgende Bemerkung: „Unter den hier zur Sommerfrische 
sich aufhaltenden Fremden. befindet sich auch der bekannte Prof. Jäger von 
Stuttgart, der Erfinder des nach ihm benannten „Jäger“-Kostüms, einer Kleidung, 
an welcher gar Alles von Wolle ist. Derselbe fällt hier durch seine eigenthüm- 
liche Tracht allgemein auf. Eingeweihte wollen wissen, daß selbst seine Uhrkette 
und die Haarnadeln seiner ebenfalls hier sich aufhaltenden Frau von Wolle 
seien.“ =- Das ist ungefähr so, wie wenn ich sagen würde: Bei diesen steifleinenen 
Zeitungsschreibern ist gar alles von Holzfaser; ihre Zeitung ist von Papier, ihr 
Kopf von Stroh und, was. sie schreiben, Mist. Juger.-
	        

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