Sprachsiches : St. Peteröburg, den 19. September: „G. H. I< erinnere
mich niht, in Ihrem Buch „Entde>ung der Seele“ unter dem sprachvergleichenden
Kapitel das Russische erwähnt gefunden zu haben und gebe Ihnen daher folgende
nicht uninteressante Andeutungen : duchr heißt Duft, Wohlgeruch, Athem, Geist;
der Pluralis duchy Parfüme; ;ducha Seele; das Sprüchwort „er ist nicht bei
Laune“ heißt russisch wörtlich „er ist nicht im Duft“; ein anderes „er hat nicht
den Muth dazu“ heißt wörtlich „bei ihm nicht reiht Duft zu“. Diese Beweiye
reichen, um zu zeigen, daß im Russischen Duft und Seelenstimmungen mit dem-
selben Wort wiedergegeben werden. Ergebenst Robert W.“
Die Leineweber. Geehrter Herr! I< denke, es werde Sie Folgendes
interessiren : In. einem Aufsaz „Deutscher Handwerksbrauc“ von H. Scheube
im „Neuen Buch der Welt 1879“ pag. 565 findet sich nachstehende Stelle: „Der-
gleichen geächtete Gewerbe und Beschäftigungen führte man eine ganze Reihe auf,
unter ihnen manche, deren „Unehrlichkeit“ uns heute völlig räthjelhaft ersch eint.
So hielt man seit dem fünfzehnten Jahrhundert das hö<hst nüßliche Leinweber-
handwerk im gesammten heiligen römischen Reich deutscher Nation ür unehrlich,
mithin für zunftunfähig.“ Sollte man am Ende jihon damals die Schädlichkeit
leinener Kleidung gekannt haben? M. J. = Anm. des Heraus8g,: Wohl
möglich, ich werde in einem späteren Aufsatz zeigen, daß man damals in puncto
Kleidung vieles weit richtiger hatte als heutzutage.
Correspondenz.
1) Herrn CE. H. in W. bei Zürich. ad 1. Die Furcht, daß die eng
anliegende Hose Sie durc< DruF auf den Magen molestiren werde, ist ungereht-
fertigt. Die flotte Hautausdünstung beim Wollregime läßt jene lästige das Auf-
laufen der Magengegend nach Tisch erzeugende Gasansammlung nur in äußerst
geringem Maaß auffomwen. Schon die weite Verbreitung des Gürtels bei
naturgemäß lebenden Völkern beweist, daß die „gegürteten Lenden“ zweckmäßig
sind. I< werde hierüber bald in einem eigenen Aufsaß handeln, -- ad 2, Für
Taschen bietet der Schoß des Sanitätsro>es ausgiebigen Raum. Lesen Sie Bei-
lage Nr. 7 zum laufenden Jahrgang des Familienblattes, =- ad 3. Da sich vor-
läufig die wenigsten Herrn zu der allerdings die Unterhose entbehrlich machenden
richtigen Hose entschließen, so muß die Firma W. Benger Söhne auch system-
gemäße Herrnunterhosen fertigen. =- ad 4, In der S<hweiz kann ich keinen
Scneider konzessioniren, da die Schweiz weder Patent no< Musterschuß ertheilt
und es kann sich auch kein Schweizer Schneider aus eigener Initiative der Sache
annehmen, da er ohne geseßlichhen Schuß nur für andere die Kastanien aus dem
Feucr holen würde, Ein Beweis, wie nöthig solche Gesetze für den Fortschritt
des Gewerbes sind. -- ad 5. Roßhaarfüllung ist durchaus systemgemäß , allein
theurer als Kunstwolle und wenn das Roßhaar nicht durc< eine Lage von Woll-
watte gede>t wird, so stehen die Haare durc<h den Filzüberzug dur<. Wenn Sie
Ihre hölzerne Bettlade auch innen ölen oder firnissen, so wird sie ohne weiteres
„foscher“. Siehe den Artikel „Zimmerluft“ in den Beilagen zum Familienblatt.
2) Herrn Richard B. in Leipzig. Leider hat die erste Nummer keinen
Raum gelassen, Ihrem Wunsche zu entsprechen: die praktischen Fortschritte in Er-
kenntniß und Technik müssen im Blatt stets die erste Stelle einnehmen, erst wenn
diese Raum übrig lassen, können wir solhe rüschauende Erörterungen pflegen,
- . 3) Herrn Georg R. in StoFheim (Bayern). Jhre Vorschläge für
das Blatt sollen so weit als möglich befolgt werden. Zweimaliges Erscheinen
pro Monat wollen wir aber zunächst nicht riskiren, Bezüglich der Geschäftsleute
stellen Sie sich die Sache viel zu leicht vor, in der Geschäftswelt ist die Bereit-
willigkeit, auf unsere Sache einzugehen, eine ebenso seltene, als im verbrauchenden
Publikum und die, welche es gethan haben, bekommen anfangs die Scho>schwere-
noth auf den Hals; wenn sie sich etwas besser dafür bezahlen lassen als für die
Dußendwaare, welche Confektionsgeschäfte um Hungerlöhne anfertigen lassen, so
entspricht das nur dem Maaß der. aufgewendeten Mehrarbeit.