Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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geradezu ein Genuß genannt werden muß, die frischgewaschenen, noch nassen 
Hirschlederstiefel anzuziehen. J< kann also diese Bekleidung fast eben so 
sehr wie den Wollschuh empfehlen, insbesondere auch Damen zu ihrer Ball- 
toilette. Meine Damen befanden sich kürzlich herrlich in derartigen Tanz- 
schuhen und vor einigen Dezennien waren sie bei Damen sogar modern. 
2) Der zweite Fortschritt auf dem Gebiet des Leders ist, daß man 
durch Jmprägnation mit Mineralfetten in richtiger Mischung auch das 
lohgare Leder seiner schlechten Eigenschaften berauben kann: es nimmt 
den Sc<hweißgeruch nicht mehr an, wird weich und geschmeidig, und kann 
sogar völlig wasserdicht gemacht werden. Lebteres ist allerdings kein 
Vortheil, allein ih habe mich jeht durch längeres Tragen von hohen 
Stiefeln, welche ganz aus solch imprägnirtem Leder gemacht, aber durchaus 
mit Naturwolle gefüttert sind, überzeugt, daß dieser Nachtheil lange nicht 
so schwer ins Gewicht fällt, als ich anfangs vermuthete. Jedenfalls, wenn 
es sich um einen Wasserstiefel handelt, so ist der mit den nicht ranzig 
werdenden Mineralfetten imprägnirte Stiefel dem mit den ranzig werden- 
den organischen Fetten imprägnirten weitaus vorzuziehen. 
Zwei weitere Verbesserungen verdanke ich meiner Verbindung mit 
der Schuhwaarenfabrik der Herrn Haueisen u. Sauer. 
1) Die Frage der Stiefelwichse ist allerdings vorläufig nur in 
Einer Richtung gelöst: Wenn man dem Mineralfett Indigo beimischt, 
so erhält man eine Lederschmiere, welche das Leder schön blauschwarz macht, 
so daß es in Farbe vollkommen mit dem Jndigogewand harmonirt und 
natürlich auch die sanitären Qualitäten des Jndigowollstoffes hat. Der 
einzige Mißstand, den diese Schmiere hat, ist, daß der Staub etwas mehr 
daran haftet, als an den Glanzwichsen. Das ist aber deshalb nicht so 
schlimm, weil man bei staubigem Wetter überhaupt keine Schuhe mit Leder- 
besatz tragen soll, der Normalschuh mit Lederbesatz gehört für Kothwetter 
und da fällt der genannte Uebelstand natürlich weg. Außerdem, wenn 
man den Schuh nach dem Einreiben mit der Jndigoschmiere etwa 10 Min. 
stehen läßt und dann mit einer Haarbürste bürstet, so mindert sich auch 
dieser Uebelstand und sieht das Leder sehr schön aus. 
2) bildete die Anfertigung der Sohle des Normalschuhs noch ein 
ungelöstes Problem. Die Fußsohle ist bekanntlich der Hauptsc<hweißproduzent 
und hier fehlte es troß der Wollauflage an Luft und außerdem waren die 
Geruchsverhältnisse auf der Sohle noch nicht die richtigen. Ein Schritt in 
lebterer Richtung war zwar schon geschehen, indem man statt dem Auf- 
pappen eines Wollstoffes mit dem verwerflichen Scusterpapp eine mobile 
Filzsohle einlegte, die freilich den andern Uebelstand hatte, daß sie sich 
beim Hineinschlüpfen leicht verschob. Die Neuerung besteht nun in Fol- 
gendem: Die Brandsohle, d. h. das innere Sohlenblatt, das natürlich 
immer aus Leder bestehen muß, wenn der Schuh Halt haben soll, sowie 
die Fersenkappe, welche ebenfalls aus Leder HE muß, werden 1) mit 
Mineralfett imprägnirt und so vor dem Stinkendwerden geschüßt, 2) werden 
sie siebförmig dur<lö<ert. Weiter wird zwischen Brandsohle und 
die äußere Sohle, die den Boden berührt, ein Filzblatt eingelegt, so daß 
der Sohlenschweiß durch die dur<löcherte Brandsohle hindurch in das Filz- 
blatt gelangen kann. Um ihm von dort einen Ausweg ins Freie zu geben, 
wird im Stiefelabsat ein Hohlraum angebracht, den man ebenfalls 
mit etwas lo>erer Wolle ausfüllt. Dieser Raum kommunizirt durch einen 
Kanal, der aussieht wie eine Spornkapsel und oben am Absaß ausmündet,
	        

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