Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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überall wo ich nur kann, der Aufziehung der Kinder in Wolle 
das Wort zu reden, da dieselbe sowohl in finanzieller*) als praktischer 
und hygienischer Hinsicht hoch über der Leinwand steht.“ 
Noc< möchte ich beifügen, daß beim Austragen des Kindes auf 
einen größeren Spaziergang die benäßten Windeln sehr oft beim 
Nachhaujekommen unterwegs wieder trocken geworden = ein Be- 
weis von der raschen Verduftung =- und, was besonders zu schäßen 
ist, geruchfrei sind. 
- Daß Hr. Dr. Niemeyer in Berlin es für bedenklich hält, ein 
Kind in der Wolle zu erziehen, beweist, daß er darüber keine Er- 
fahrungen besißt. IJ. J. Rousseau sagt in seinem „Emil“: „Verstehen, 
Verstand sind die Summe der Erfahrungen und Beobachtungen." 
Daraus folgt, daß der betreffende Herr kein Verständniß von der 
Erziehung der Kinder in Wolle besißen kann. 
Mit Hochachtung zeichnet Ihr ergebenster 
St., 21. Mai 83. 
Versuc<e über das Verhalten des Wassers in unsern Kleidern. 
Von Klas Linroth. (Aus der Pharmazeutischen Centralhalle Nro. 18.) 
Um die Stoffe unserer Kleider auf ihre Fähigkeit zu untersuchen, 
Wasser hygroskopisch, d. h. aus dem Wasserdampf der Luft aufzunehmen, 
wurden einzelne Stücke vor und nach der Einwirkung der Luft in absolut 
dichten Blechbüchsen gewogen. Man kann Stoffe, wie Flanell und Lein- 
wand , als tro>en ansehen, wenn sie 1 bis 2 Stunden 100 bis 105 C. 
ausgeseßt waren, während zur Bindung alles hygroskopisch Aufnehmbaren 
circa 15 bis 20 Stunden erforderlich sind. Die 4 untersuchten Stoffe: 
Flanell , Seide, Leinwand und Baumwolle (Shirting) verhalten sich bei 
vollkommener Sättigung in Bezug auf die Menge des hygroskopischen 
Wassers so, daß, wenn Leinwand mit einer Hygroskopicität von 132 pro 
1000 Theile = 1 geseßt wird, Flanell = 1,6 bis 1,8, Seide = 1,4 bis 
1,6, Baumwolle = 0,9 bis 1,16 ist. Diese3 Verhältniß bleibt auch be- 
stehen, wenn mit Zunahme der relativen Luftfeuchtigkeit die Menge des 
hygrofkopischen Wassers wächst. Die Temperatur übt bei gleicher Luft- 
feuchtigkeit keinen Einfluß auf die Hygroskopicität. Der Nebel steigert die- 
jelbe beträchtlich, selbst im Verhältniß zu mit Wasserdampf nahezu gesät- 
tigter Luft. Luftbewegung ist ohne nennenswerthen Einfluß auf den Wasser- 
gehalt, eher ist derselbe beim Mangel derselben etwas vermindert als er- 
höht. Eine Zusammenstellung von 18 verschiedenen auf ihre Hygroskopi- 
cität bei 54 Proz. relativer Luftfeuchtigkeit untersuchten Stoffen ergibt, 
daß die pflanzlichen Stoffe weit weniger hygroskopisch sind als die thieri- 
schen -- am höchsten steht Schafleder mit 3,76, wenn Leinwand = 1 ist; 
gemischte Stoffe haben Mittelwerthe, die Farbe des Stoffes erscheint ohne 
Bedeutung. 
Wa5 die Absorptionsgeschwindigkeit betrifft, so ist dieselbe bei den 
ersterwähnten 4 Stoffen in der ersten Zeit (10 bis 30 Minuten) sehr groß 
*) Finanziell insofern, als man nur die Hälfte der Stüzahl von Kind3- 
zeug braucht und somit der Preis sich ausgleicht.
	        

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