Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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und fällt von da steil zu ganz geringen Werthen ab. Tro>ene Seide 
nimmt in der ersten */- Stunde 79 Proz. , Baumwolle 64 Proz. , Flanell 
63 Proz., Leinwand 46 Proz. des absorptionsfähigen Wassers auf, wobei 
die Lufttemperatur nicht von Bedeutung ist. Bei der Einwirkung trockener 
Luft (45 Proz. relativer Feuchtigkeit) ist die Absorptionsgeschwindigkeit in 
den ersten 20 Minuten noch größer und die Sättigungszeit wird geringer. 
Aehnlich verhält sich die Verdunstungsgeschwindigkeit. Jn den ersten 10 
Minuten verdunsten beim Uebergang aus feuchter in tro>ene Luft bei 
Seide 71 Proz., bei Baumwolle 54 Proz. , Leinwand 47 Proz., Flanell 
38 Proz. des absorbirten Wassers. Den wenigst steilen Abfall, überhaupt 
die langsamste Verdunstung zeigt Wolle (Flanell). 
Zur Prüfung der Aufnahme flüssigen „zwischengelagerten“ Wassers 
wurden Zeugstüke auf Wasser gelegt. Baumwolle sinkt vollgesogen nach 
1 Minute, Leinwand na<h 2 Minuten, Seide nach 2 bis 3 Minuten, Wolle 
aber bleibt Tage lang schwimmend, es werden in letzterer kleine Luftblasen 
mit großer Hartnäckigkeit festgehalten, wobei jedoch die Wolle große Mengen 
Wasser aufnehmen und zurü&halten kann. Die Verdunstung des zwischen- 
gelagerten Wassers geht in der ersten Zeit gleichmäßig vor sich, erst nach 
einiger Zeit --- bei Seide nach !/- Stunde, Baumwolle 40 Minuten, Lein- 
wand 1 Stunde, Flanell 2 Stunden -- erfolgt rapider Abfall und rasche 
Abnahme der Verdunstung; es erfolgt also die Verdunstung bei der Wolle 
am langsamsten und gleichmäßigsten. 
Die Durchfeuchtung der untersuchten Kleidungsstoffe ist insofern von 
hygieinischer Bedeutung, weil sie feucht die Wärme besser leiten, für Luft 
impermeabler sind und durch Verdunstung dem Körper Wärme entziehen. 
Es ist kein Zweifel, daß Wolle gesundheitlich am vortheilhafte- 
sten ist, um so mehr, da bereits Pettenkofer nachgewiesen, daß Befeuch- 
tung derselben niemals wie bei den andern Stoffen die Permeabilität gänzlich 
aufhebt. E35 kommt aber noch das Verhalten der Stoffe am Körper selbst 
in Betrac<ht. Es zeigt sich nun, daß die Kleider auf dem Körper bei Ruhe 
oder mäßiger Arbeit in mittlerer Temperatur weniger Wasser enthalten, 
als sie außerhalb des Einflusses des Körper3 thun würden, und zwar nimmt 
die hygroskopische Wassermenge der Stoffe mit der Entfernung vom Körper 
continuirlich zu, ist am Körper selbst am geringsten. Es ist die relative 
Feuchtigkeit der Luft unmittelbar am Körper eine ziemlich geringe, nämlich 
ungefähr 30 Proz. Natürlich ändert sich Alles, wenn die Haut reichlich 
Wasser absondert und die äußere Luft tro>en ist. Einzelne Stellen des 
Körpers, wie Fußsohle, Achselhöhle, zeichnen sich stets durch besondere 
Feuchtigkeit aus. Durch Wägung eines ganzen Anzuges wurde festgestellt, 
daß der Unterschied seines Wassergehalts im Zimmer und im Freien nur 
177,5 Gramm beträgt, statt ohne Einfluß des Körpers 721,8 Gramm zu 
erreichen. Bemerkenswerth ist der große Wassergehalt der Fußbekleidung, 
und der durch die starke Hygroskopicität der lö&ern Fußbekleidung gestei- 
gerten Wärmeleitung ist es (wie an der Hand den Handschuhen) wesentlich 
zuzuschreiben, daß unsere Füße so leiht frieren. Auch das Frösteln, das 
wir beim Anziehen eines fris<en Hemdes oder beim Zubettegehen empfin- 
den, erklärt sich durch den Umstand, daß der Wassergehalt der betreffenden 
Stoffe am Körper ein geringerer wird, also ein Theil des in ihnen ent- 
haltenen Wassers verdunstet. Das Verhalten des zwischengelagerten Wassers 
in den Kleidungsstoffen am Körper bleibt noh zu studiren.
	        

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