-<- 5307 ==
sind, wurde bereits in diesen Blättern, Jahrg. 1859, Heft 4, S. 44 u. f.
nachgewiesen. Dieser Einfluß der Geruchstäushungen auf das psychische
Qeben und Thun des Menschen wird aber leicht erklärbar sein, wenn wir
noh berüdsichtigen, in welcher nahen Beziehung der Geruchssinn zur gei-
stigen Sphäre steht, worüber Zenne> mehrere der Natur nach getreue
Ansichten aufgestellt hat. Exrwägt man die Lebendigkeit , mit welcher die
Geruchsvorstellungen sich an andere Theile des Erkenntnißvermögens an-
schließen ; die Klarheit, mit der so viele von ihnen in der Seele sich ein-
stellen ; die Schärfe der Merkmale, welche nicht wenige derselben zur Unter-
scheidung verschiedener sonst schwer erkennbarer Gegenstände darbieten; die
Tiefe ver Verhältnisse, in welche der vermittelnde Sinn eindringt; die
Mannigfaltigkeit von Veränderungen, worüber dieser Sinn bald bei diesen
bald bei jenen Körpern Aufschluß gibt; das Beobachtungstalent, das bei
vem Gebrauche des Geruchsorganes zur Auffindung noch unbekannter Cigen-
schaften der Körper gewe>t und geübt wird; erwägt man alles dieses, so
wird man weder den großen Beitrag, den die Geruchsvorstellungen zur
gesammten Masse von Erkenntnissen liefern, noch den bedeutenden Einfluß,
ven sie auf das geistige Leben überhaupt haben, verkennen. Nicht unbe-
achtet darf es dabei bleiben, daß Personen, und ver Regel nach auch unter
den Thieren diejenigen Organisationen, welchen der Geruchssinn, dieses
feine Beobachtungsorgan, sei es ursprünglich oder durch Vebung, in höherer
Vollkommenheit zukömmt, sich dur) Scharfsinn und Intelligenz überhaupt
auszeichnen, und daß gewissermaßen Vollkommenheit ver Geruchsvorstellungen
mit ver Stärke der geistigen Kräfte in Verbindung steht. Dazu kommen
nun noch andere Einflüsse, welche die Geruchsvorstellungen auf ven Men-
schen haben. Die meisten Geruchsvorstellungen sind mit mehr oder weniger
starken Empfindungen von sinnlicher Lust oder Unlust begleitet, woraus sich
ergibt, daß sie Begierden oder Abscheu hervorrufen und dadurc< mehr oder
weniger auf den Willen, auf die Thätigkeit over Handlungsweise des Em-
pfindens einzuwirken im Stande sind. Ferner ist eine gewisse Jdeenasso-
eiation bei den Geruchsvorstellungen nicht zu verkennen; die Erfahrung
lehrt, daß ganze Bilder von den Gegenständen, welche früher einen Geruch
hervorbrachten, und von allen den Umständen, unter denen er empfunden
wurde, sich gerne bei der wiedergegebenen Geruchöerscheinung einstellen,
und daß oft mit einem einzigen Geruche die Erinnerung an den früheren
Zustand des Empfindenden mit allen seinen Freuden und Leiden wieder
erwacht und ihn mit Lebhaftigkeit in seine ganze vormalige Lage verseßt.
Endlich sei noch erwähnt, daß manche Gerüche bei ihrem Genusse eine
Stimmung des Geistes hervorrufen, der den sittlich - religiösen Gefühlen
entspricht: der Geruch aromatischer Pflanzen oder der fich verbreitende
Dampf von wohlriechenden Kerzen erfüllt den Menschen nicht nur mit
sinnlich-angenehmen Empfindungen, sondern ruft in ihm auch ein eigen-
thümliches Gefühl geistiger Empfindungen hervor, reißt ihn von der Gegen-
wart lo8 und verseßt ihn bald in den Frühling seines Leben3, bald auf
das Gebiet einer beseligenden Zukunft, und bei dieser Art von Entzückung
wird wohl manches Individuum zu einer stillen Betrachtung über sein Da-
fein, seine Bestimmung und Verbindung mit höheren Wesen hingeführt *)
*) Von diesem Zusammenhange des Geruches mit religiösen Gefühlen
wahrscheinlich geleitet, umgab schon das Alterthum seine Götter mit Ambrosia-
duft, begleitete die Opfer, die es ihnen brachte, mit Räucherungen, und. ließ von