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An einem sehr heißen Sonntag im Juli machte ich zur heißesten
Tageszeit um 3 Uhr Mittag beschwert dur< das Mittagessen auf
sc<hattenlosem Weg im Kameelhaaranzug einen Dauerlauf von etwa
4 Kilometer, was ich unter sonst gleichen Verhältnissen im Sc<afwoll-
anzug schwerlich fertig gebracht hätte, denn die Dauerlauf-Versuche,
von venen ich früher berichtete, wurden Morgens nüchtern bei kühler
Witterung auf leicht abfallendem Terrain ausgeführt.
Bei meiner Fußwanderung durch die Alpen nach Jtalien handelte
es sich nicht um Parforcetagemärsche, da wir die Gegend genießen,
mein Sohn auch skizziren wollte, und so wurde immer nur der Vor-
mittag zu einer eigentlichen Leistung8probe benüßt. Diese erfuhr aber
folgende an und für sich schon sehr interessante Störung:
Wie die Leser meiner Schriften wissen, war vor der Wollzeit
Sodbrennen mein steter Begleiter; seit Durchführung des Regimes ver-
misse ich es oft Monate lang ganz und nur hier und da, namentlich
wenn ich etwas esse, was mir nicht schmeckt, oder in Gedanken von etwas
Wohlshme>endem zu viel esse, werde ih an mein altes Leiden
erinnert, und endlich bei einem 3. Fall: so oft ich eine Erholungsreise
mache, beginnt am ersten oder zweiten Tag und zwar eigentlich ganz
unmotivirt, d. h. öfter shon nach dem Frühstück Sodbrennen und habe
i< mir deßhalb bei meinen Erholungsreisen stet3 knappe Diät aufer-
legt, aber ohne daß es mir ganz gelang, das Sodbrennen zu verhindern;
in den diesjährigen Osterferien dämmerte mir erstmals die Vermuthung
auf, daß das eine Erholungskrise, d.h. die Austreibung desjenigen
Indispositionsstoffes sei, dessen Aufsammlung eben mich in den Zustand
der Erholungsbedürftigkeit versezt, während ich früher die Sache als
die bekannte Akklimatisationskrankheit auffaßte. Ob meine Vermuthung
richtig, konnte ich aus meiner bisherigen Erfahrung nicht entnehmen,
denn die längste Dauer meiner Abwesenheit von Hause während der
Ferien betrug -- und das auch nur selten -- 144 Tage, und ich erinnerte
mich allerding3, daß die Sache am Anfang stet8 am schlimmsten war.
Da meine Abwesenheit diesmal 24 Tage betrug, so konnte die Sache
ausprobirt werden, und es bestätigte sih meine Vermuthung: Das
Sodbrennen begann schon am ersten Tag, plagte mich dann Tag für
Tag fast den ganzen Tag, theilweise noc< in die Nacht hinein, erreichte
seinen Höhepunkt etwa am fünften Tage, verminderte sich dann und
war mit dem zehnten Tage definitiv beendigt. Von jeht an konnte
ich essen und trinken, was und wie viel ich wollte, mein Magen markirte
auch nicht einmal nur die Stelle, wo er sißt. Von Akklimatisation konnte
gar feine Rede sein, da wir fast jeden Tag wieder wo anders waren,
wir schliefen nur an zwei Orten (Mailand und Genua) mehr als ein-
mal. Die Sache war somit wirklich eine Erholungskrise; aber das Unge-
schickte war, daß sie eben in die Zeit der Fußwanderung fiel, denn
am neunten Tage kam meine Frau per Bahn nach und damit waren
jezt Parforcetouren ausgeschlossen.
Da jeder, der einmal an Sodbrennen gelitten hat, weiß, wie