Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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Ueber die technischen Bemerkungen Müllers habe ich Folgendes 
zu sagen: aus seinen Aeußerungen über den Sanitätsro> (den er nur 
3mal zuzuschneiden gehabt habe) „daß er häßlich sei“ geht nur her- 
vor, daß er ihn nicht machen kann; meine Sanitätsrö>e werden über- 
all als sehr kleidsam auch von Gegnern anerkannt. Wenn man aber 
den S<hliß zu weit vorrückt, den Shooß zu lang macht und keinen 
Leibgurt über dem Ro>k anbringt, dann sieht er allerdings häßlich aus. 
Mein Vorbild für den Sanitätsro> ist der geschlibte Leibro> der mittel- 
alterlihen Tracht, über dessen Kleidsamkeit unter Künstlern und Aesthe- 
tifern nur Eine Stimme herrs<t. = 
Daß der zweireihige württembergische Waffenro> schlecht gebauten 
Menschen nicht steht, ist nur in gewissem Sinn richtig; an und für sich 
betrachtet sehen diese Leute im Waffenro>, falls er gut gemacht ist, 
besser aus, als in ihren schlampigen französischen Röken. Das Nach- 
theilige ist, daß sie den Vergleich mit dem strammen Soldaten heraus- 
fordern und der fällt natürlich zu ihren Ungunsten aus. Daß sehr viele 
Wollene den hochgeschlossenen zweireihigen Gesellschaftsro> vorziehen, 
ist eine von mir schon längst au8Sgegangene Konzession an die herrschende 
Mode, die Gesunde für gewöhnlich sich wohl erlauben können, aber die 
aus Herrn Müllers3 Werkstätte hervorgegangene „ganz hohe Stehbrust- 
weste mit einfachem Wolljatin-Hintertheil durchweg ohne Futter“ ist 
ein Wechselbalg, den ich hiemit ausdrülich verwerfe. Der zweireihige 
Gesellschaft5ro> darf nicht mit Weste getragen werden, sondern nur 
mit Deckravatte; eine Zugabe erfordert" nur der einreihige hoc<ge- 
sc<lossene Gesellshaftsro>, aber nicht eine Weste, sondern einen Brust- 
wärmer. 
Die Bemerkung über die Sanitäts8hose, „daß die Kreuzung nicht 
nothwendig sei, weil schon die Hosentaschen die von mir beabsichtigte 
Verdoppelung darstellen“, ist wiederum falsch, da die Hosentaschen gerade 
die Mittellinie freilassen. 
Sehr lieb ist mir die Bemerkung Müllers, „daß Schnitt und Be- 
arbeitung der Wollkleidung für den Schneider die denkbar undankbarste 
Aufgabe sei“. Mit diesem Saß ist der geheime Grund der auch von 
den Werkstätten der konzessionirten Schneider au8gehenden Opposition 
gegen meine Reform eingestanden. Die alte Kleidung ist für den 
Schneider bequemer zu machen, sie kann nicht so leicht . verpfuscht 
werden. 
Wenn Herr Müller sagt: „Der Kunde, der sich entschließt, sich 
in Jägers Formen und Stoffe zu kleiden, darf keine Ansprüche auf 
Verschönerung seines Körpers durc<h den Schneider machen", so entgegne 
ih: den Körper des Mens<en hat noh kein Schneider verschönert, 
sondern nur dessen Kleidung; wohl aber hat die hygienische Misere in 
Folge der herrschenden falschen Bekleidung sehr viel zum Verfall der 
körperlichen Wohlgestalt der Kulturmenschen beigetragen, während in 
meiner Kleidung schon sehr viele ihre natürliche Wohlgestalt wieder be- 
fommen haben und eine noh viel größere Zahl sie bekommen hätte,
	        
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