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populär. Nach der Juli-Nevolution verschwand die Kniehose vollkommen
aus Frankreih. Der Monard< ging mit seinem Beispiele voran und die
Mode der langen Hose wurde bald in ganz Europa verbreitet.“ . n
Hierzu ist übrigens noc< zu bemerken, daß die seidene Kniehose unter Na-
poleon III. wieder ihren siegreichen Einzug in die Tuilerien hielt. Für
Hoffestlichkeiten, Bälle, Empfänge 2c. war sie sogar vorgeschrieben.
Sympathie - Duft. Zu diesem Kapitel enthält Jakob Falke's
Werk „Deutsche Trachten- und Modewelt“ folgende Mittheilung: „Im
Mittelalter war die Welt raffinirt sinnreich in ihrem idealen Liebesgenuß ;
so tauschte man die Hemden miteinander, wenn man sie schon getragen
hatte; die Ritter legten die der Damen an, ließen sie im Streit zerhauen
und stellten sie in diesem Zustand ihren ursprünglichen Besiterinnen zurüc,
die sie aufs Neue trugen.“ =- Hiezu bemerke ich (Jäger): dieser Genuß
war nicht ideal, sondern sehr real, denn am Hemd hängt der Duft der
Person, und der Duft eines Ritterhemdes nach beendigtem Strauße war
jedenfalls eine reale Größe. Jm Mittelalter hatte die Kathedergelehrsam-
keit die Welt no< nicht so um ihre Nase und ihren Instinkt gebracht, wie
heutzutage.
Die Wolle und der Geschmack. Das Werk „Die Deutsche Trachten-
und Modewelt“ von Jakob Falke sagt über das Mittelalter: „feine wollene
Stoffe bildeten auch die gewöhnliche Kleidung der vornehmeren Stände.“
An einer andern Stelle heißt es: „mit der Leinwand verschwanden die
s<malen trodenen parallelen Falten aus dem Anblik der Menschen und
damit auch aus der Kunst, während mit der Wolle, die je nach ihrer Dicke
oder Feinheit großartigen oder sanften fließenden Wurf gewährte, auch in
dieser Beziehung ein guter Geschma> einkehrte“. =- Hiezu bemerke ich
(Jäger): die Raschheit, mit welcher hier in Stuttgart das wollene Ball-
kleid die seidenen und steifleinenen verdrängt, ist ein schlagender Beweis
für die Richtigkeit dessen, was Falke oben sagt.
Der Meteorologenkrawall. Die Scenen, welche sich gegenwärtig in
den Tagesblättern zwischen den Wetterprophezeiern abwi>keln, erinnern mich
zu sehr an meine eigenen Erfahrungen, als daß ich nicht zu Gunsten meiner
Leser davon Notiz nehmen sollte. Gerade so wie die sogenannten Sach-
verständigen über mich herfielen, als ich meine „Entde>ung der Seele“
proklamirte, und fast gleichzeitig über meinen Freund Dr. Hahn, als er in
den Meteorsteinen versteinerte Lebewesen fand, fallen jetzt die offiziellen und
nicht offiziellen sogenannten „Tagesprognostiker“ (die das Wetter auf den
nächsten Tag prophezeien) über einen neuen Propheten Dr. Overzier aus
Cöln her, der sich erkühnt, das Wetter auf einen ganzen Monat von Tag
zu Tag vorherzusagen. Da i< mich mit dem Vorhersagen Overziers
bisher nur ober lächlich befaßt, so kann ich meinen Lesern nur den Rath
geben, die Sache selbst zu prüfen, denn wenn sie ein solcher Unsinn wäre,
wie die Herren sagen, woher deren Zorn ? J<h als Zoologe und Entde>er
der Seele sage: ein Schäfer, der die Thiere beobachtet, prophezeit das
Wetter auf den nächsten Tag mit größerer Sicherheit, als die gelehrten
Berufsmeteorologen, welche Herrn Overzier so von oben herab behandeln.
Ih habe nai bei meinen Entde>kungen überzeugt, daß das Volks-
wissen und die vieltausendjährige Erfahrung des Volks in seinem Kampf
ums Dasein mit der Natur ein weit ausgedehnteres und intensiveres ist,
als das der auf Kathedern sißenden Naturgelehrsamkeit, deren Erfahrung