Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

6 =- 
Leinen hingegen (Baumwolle auch, doch geringer) gibt wegen der ge- 
ringeren Wärme und größeren Dichtigkeit Gelegenheit, daß der Haut- 
dunst zu Wasser wird. Deswegen bleibt man in wollener Bekleidung, 
auch bei starker Ausdünstung, trocken, in leinener hingegen wird man naß!" 
4) Die Ausdünstung unseres Körpers ist das große Mittel, was 
die Natur in ihn selbst gelegt hat, um sich abzukühlen. Je freier wir 
also ausdünsten, desto gleichförmiger wird also unser Wärmegrad sein, 
desto leichter werden wir jedes von innen oder außen uns gegebene 
Uebermaß an Wärme verflüchtigen können. Daher kommt, daß Wolle, 
obgleich sie die Haut mehr wärmt, dennoch durch die freiere, allgemeine 
Ausdünstung die Ueberfüllung der ganzen Blutmasse mit Wärmestoff 
(die innere Erhitzung) besser vermindert als Leinen. Und hieraus läßt 
es sich erklären, warum man in wollener Bekleidung im Sommer weniger 
heiß ist, als in leinener. (Daß man weniger schwitt, folgt aus dem 
vorigen.) 
5) Wolle ist ein elektrischer Körper, Leinen nicht, d. h. Wollo 
kann Elektricität entwickeln, aber nicht ableiten. Wird nun die Haut 
damit bekleidet, so folgt, daß der so bekleidete Körper elektrischer werden 
muß, denn es wird ihm weniger von seiner animalischen Elektricität 
entzogen und überdies noch immer neue in der Oberfläche entwickelt.“ 
Hufeland äußert sich am Schlusse noch folgendermaßen über 
Wollenkleidung: 
„Heilsam ist sie überhaupt Allen, die über die erste Hälfte des 
Lebens hinaus sind, nach dem 40. Jahre, wo die Ausdünstung und 
die thierisc<he Wärme und Reizbarkeit abzunehmen anfangen. 
Heilsam ist sie Allen, die von Natur nicht viel Ueberfluß an 
thierisc<her Wärme und Reizbarkeit, ein blasses Aussehen, s<hwammigen 
Körper, schlaffe Fasern, schleimige Säfte haben, den sogenannten kalten 
Naturen. “(Die hydrogenoide Körperkonstitution nac<ß v. Grauvogel.) 
Heilsam ist, sie Allen , die ein sißendes Stubenleben führen, um 
so mehr, wenn sie dabei viel meditiren. Denn bei solcher Lebensart 
leidet die Ausdünstung allemal und es braucht einen Hautreiz, der die 
gehörige Tendenz der Säfte in der Peripherie erhält. 
Heilsam ist sie Allen, die zu Katarrhen, Schleimanhäufungen, 
Flüssen und Gichtbeschwerden geneigt sind. Sie können zuweilen blos 
durc< solche Bekleidung von Grund aus gehoben werden. 
Heilsam ist sie bei Anlagen zu Diärrhöen, und selbst bei gras- 
sivenden Ruhren, die durch nichts so sicher verhütet werden können. 
Heilsam ist sie bei Neigung zu Congestionen, d. h. zu unnatür- 
liher Anhäufung des Bluts oder anderer Säfte in einzelnen Theilen, 
z. BV. im Kopf (woraus Schwindel, Kopfweh, Ohrensausen, Schlagfluß 
u. f. w. entstehen) oder in der Brust. Diese Uebel hebt sie trefflich, 
theils durch den Gegenreiz in der Haut, theils durch die allgemeinere 
freiere Ausdünstung, und kann sie selbst ein schönes Mittel gegen an- 
jangende Lungensucht, Hämorrhoiden, Bluthusten und andere Blutflüsse 
werden.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.