Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1883, Bd. 2, H. 1/15)

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Heiljam ist sie allen nervenschwachen, hypoc<hondrischen und hyste- 
rischen Personen, bei denen die freie Ausdünstung gewöhnlich das Baro- 
meter ihres ganzen Wohlseins ist. 
Heilsam ist sie nach allen Krankheiten, um die Recidiven zu 
verhüten. 
Heilsam ist sie Allen, die eine zu große Empfindlichkeit gegen 
die Atmosphäre haben. Es gibt keinen größeren Panzer gegen Hitze, 
Kälte, Nässe, Wind, elektrische oder andere atmosphärische Einflüsse, 
als wollene Bekleidung. 
Heilsam ist sie in solchen Klimas, wo öftere und plößliche Ab- 
wechslungen der Luft gewöhnlich sind, und so auch bei allen LebenSarten, 
die mit solchen plößlichen Abwechslungen verbunden sind, vorzüglich 
auf Reisen.“ 
Die „Fundgrube“, der diese Zusammenstellung entnommen, fügt 
derselben nachstehende Bemerkung bei: 
So weit Hufeland. Wenn auf diese Weise der Wolle in der 
Hygieine das Wort geredet wird, so folgt daraus noh nicht, daß man 
sim den Uebertreibungen des Professors Jäger anzuschließen braucht. 
Das Richtige liegt auch hier in der Mitte. 
Hiezu bemerke ich (Jäger): 
Von Fachgelehrten habe ich in Bezug auf die Empfehlung der 
Wollkleidung nur zwei Vorgänger: Hufeland und Pettenkofer*). 
Sie geben der Wolle vor den andern Bekleidungsstoffen ihrer physi- 
kalischen Eigenschaften wegen den Vorzug: weil sie mehr Wasserdampf 
und weniger Wärme durchläßt. Was beiden unbekannt blieb und von 
mir erst ermittelt wurde, sind die <emischen Eigenschaften der Be- 
kleidungsstoffe, d. h. daß Wolle die wohlriechenden also gesundheits- 
förderlichen Theile der Hautausdünstung konservirt, während Holzfaser 
und Seide stinkend, also giftig werden. Aus diesen Entdeckungen ergibt 
sich etwa gerade das, was die „Fundgrube“ Uebertreibungen 
nennt. Wenn es Thatsache ist =- und das läßt sich ja mir unendlich 
leicht nacherperimentiren, aber die Herren von der Feder sind eben zu 
bequem dazu = also wenn es Thatsache ist, daß diese Stoffe giftig 
werden, so ist do< die Forderung, dieselben soweit denkbar möglich 
aus unserer Umgebung (Kleid, Bett und Zimmer) fernzuhalten, beziehungs- 
weise durch Jmprägnation unschädlich zu machen, keine Uebertreibung! 
Ist es denn jemals einem Sachverständigen eingefallen e8 Ueber- 
treibung zu nennen, wenn der Hygieniker verlangt, daß man keine 
Tapeten mit giftigen Farben, keine Eßgeschirre mit giftigen Glasuren 2c. 
verwende. Jst es denn nicht unumstößliche, allseitig anerkannte That- 
jache, daß die Luftverderbniß in geschlossenen Räumen eben durch gar 
nichts anderes entsteht als durch die übelriehenden menschlichen Aus- 
dünstungen? gehören all die zahlreichen Veranstaltungen zur Ventilation 
*) Beide Forscher unterscheiden sich nur darin, dat Pettenkofer die? 
betreffenden Eigenschaften ziffermäßig durch Messung und Wägung feststellte,
	        

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