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Das beweist, daß doch auch in manchem Männerkopfe etwas
aufzudämmern beginnt. Die Bibel unterscheidet in altem und neuem
Testament stets so scharf, wie ich, zwischen Seele und Geist. An keiner
einzigen der etwa 350 Stellen, in denen die „Seele“ genannt wird,
ist von Unsterblichkeit die Rede, in diesem Fall wird stet8 das Wort
„Geist“ gebraucht. Die Abgeschiedenen werden ebensowenig als Gott,
Engel und Teufel „Seelen“, sondern stets „Geister“ genannt, und
wenn es in der Bibel heißt: „Der ist unrein von einer „Seele“,
welcher sich mit Anrühren eines Aases verunreinigt hat“,
so muß denn doch unsern Theologen aufdämmern, daß sich die moderne
Sculweisheit recht weit von dem ursprünglichen biblischen Sinn des
Wortes „Seele“ entfernt hat. Für heute möge das genügen, ich komme
wohl später einmal im Blatt auf den Gegenstand zurück, indem ich
einen *rt. " über „Seele und Geist im Sprachgebrauch“, den ich
schon vor Jahr und Tag in der Zeitschrift „Ausland“ erscheinen
ließ, hier zum Abdruck bringe. Uebrigens daß soeben die dritte
Auflage meines Buches „Entde>ung der Seele“ in Druck gelegt wer-
den muß, ist ein Zeichen, daß auch hier der ausgestreute Samen in
die Halme zu schießen beginnt.
Zum Scluß will ich noh eine andere Seite meiner Vortrag3-
reisen, nämlich die der physischen Leistung berühren.
E53 handelt sich nämlich dabei nie blo38 um den Vortrag, sondern :
ich werde immer schon am Bahnhof empfangen, bleibe fortwährend bis
zum Vortrag im Gespräch mit meinen Gesellschaftern und nach dem
Vortrag geht dann est in den daran sich knüpfenden Diskussionen fast
der strapaziöseste Theil der Sache an. J< könnte natürlich sowohl vor
dem Vortrag „behufs Sammlung“ als nach dem Vortrag „behufs
Ausruh"“ mich aus der Gesellschaft zurückziehen, allein ich komme eben
auc< als Demonstrationsobjekt für das, was man in der
Wolle physish zu leisten vermag, und muß deßhalb stets der
lebte auf dem Plate sein. Um denen, die noch nie dabei waren, einen
Begriff zu geben, nur folgende statistische Angaben :
Am 40. Nov. sprach ih in Mannheim von 4 Uhr Nachmit-
tags bis 2 Uhr Nachts: thut 410 Stunden. Andern Morgens begann
die Diskussion etwa um 9 Uhr, dauerte -- da ich auf der Eisenbahn
nac< Neustadt a./Hardt, wo ich Abends Vortrag hatte, Gesells<hoft
besaß, an diesem Tage ununterbrochen bis Nachts 3 Uhr: thut 18
Stunden! Den Schluß dieses Tages bildete eine mir von einem „trink-
baren Manne der Pfalz“ auferlegte Kraftprxobe gegenüber dem Gotte
Bacchus. I< bin nun kein Weintrinker, er die Schande durfte ich
eben nicht auf die Wolle kommen lassen, daß mich jemand unter den
Tisch trinkt oder daß ich die Flucht ergreife. Geschah auch nicht!
In Berlin kam ich Freitag früh 7. 49 an und verließ es
Sonntag Morgen 8. 45: thut 49 Stunden. Von diesen war ich 39
Stunden im Gefecht. Ferner: Auf der Heimfahrt führte mich. mein
Unstern von Frankfurt an in eines der sinnreichsten Marterwerkzeuge