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So konnte man manden Uebelständen nicht entgegentreten, nothwendige
Verbesserungen nicht vornehmen. Die Chemie der Wolle weiter ergründet
und angewendet zu haben, das beansprucht Dr. Jäger als seine Er-
rungenschaft.
Die praktische Anwendung der Wolltheorie hat nun Dr. Jäger an
sich selbst erprobt. Zuerst entzog er einem Arme alle Leinenstoffe, nament-
lich auch das leinene Rodfutter; und die Folge war, daß das Wohl-
befinden des in der Wolle sihenden Armes fühlbar und merklich besser
wurde al3 das des andern.! Darnach trennte er das Leinenfutter aus dem
anderen Aermel, dänn aus dem ganzen Roe und fuhr so fort, bis er
feinen Faden Pflanzenfaser mehr auf dem Leibe hatte. Cin Theil folgte
dem anderen, bis der ganze Körper in dem erhöhten Wohlbefinden des
ersteren Versuchsgliedes angekommen war.
E53 müssen hier viele geringfügigere Nebenumstände, das allmälige
Hinzutreten neuer Erfahrungen u. dgl. übergangen werden; kurz? nachdem
Dr. Jäger sich schon in so mangelhafter Körperkondition befunden hatte,
daß er z. VD. 5 Treppen nicht mehr ohne Anstrengung und Beschwerden
ersteigen konnte, präsentirte er sich jeht als ein Bild blühender Gesundheit,
als ein Mann, ver 50 Jahre alt ist und kaum auf 40 geschäßt werden
dürfte, als ein Mann, der jedem Wetter troßt und die größten Strapazen
mit Leichtigkeit überwindet. Beispielsweise läuft er 2*/ Kilometer Dauer-
lauf ohne sich zu erschöpfen, und wenn man seine beneiden5werthe Mustu-
latur sieht, glaubt man dieser Mittheilung gern. Außerdem =- das sei
hier eingeschaltet =- wird die Geneigtheit, ihm zu glauben, unterstüßt durch
ein offenes, biederes, süddeutsches Wesen, mit dem er sich gibt und spricht.
Ach, möchten recht viele deutsche Professoren ihm gleichen!
Nach ihm selbst begab sich die ganze zahlreiche Familie Jäger mit
Kind und Kegel in die Wolle, und alle sind gesund, stark und seuchenfest.
In Dr. Jägers mündlichen Mittheilungen wie in seinen Schriften finden
sich Erzählungen von Gesundheitskraftproben, die einen Menschen von
durchschnittlicher alter Gewohnheit entseben.
Um vas Bild des Demonstrationsobjektes , Familie Jäger , zu voll-
enden, sei mitgetheilt, daß sich in diesem Normalhause kein entbehrliches
Stück Holzstoff findet. Die Betten bestehen nur aus Wolle, die Möbel
soweit als möglich. Wo Holz over Leinenfaser unvermeidlich auftritt, sind
sie mit Oel over Paraffin getränkt, die Wände find mit Leim- oder Del-
farbe angestrichen.
Da3 Del verhält sich zu den Lust- und Unluststoffen ähnlich wie die
Wolle, Wasser wie Holzfaser. Hier ist der Grund =zu suchen, weshalb
frischgescheuerte Dielen der Gesundheit schaden können: das Wasser macht
die im Holze angesammelten gesundheit5widrigen Stoffe wieder flott, so daß
sie reichlich vom Menschen aufgenommen werden können; das Wasser als
solches thut den Wenigsten etwas zu Leide. |
Der Schnitt der Kleider sollte am besten unter dem Einflusse von
Künstlern bestimmt werden. Vom sanitären Standpunkte aus sind haupt»
sächlich zu verlangen:
Möglichst wenige Kleidungsstücke übereinander, die aus wollenem
Trikot gefertigt sind. Auch die Wahl der Farben ist von großer Bedeu-
tung; Naturfarbe allen anderen vorzuziehen. Um den am Menschen durc
die Körperwärme erzeugten aufsteigenden Luftstrom nicht zwischen Haut und
Kleidern zur Nase hinaufzuführen und dort die eigene Ausdünstung wieder
Kop IL ACH
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