Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1884, Bd. 3, H. 1/12)

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ein eigentliches Verlangen, in einem sol<en Bette schlafen 
zu können. 
Den wirklich experimentellen Beweis aber der erhißenden Wirk- 
ung der Wollbetten auf mich brachten mir meine diesjährigen vierwöcent- 
lichen Sommerferien in den Bergen Graubünden3s und Tirols. Jus Stand»- 
quartier Kloster38 nahm ich meinen naturbraunen Sclafsa>, Kopfrolle 
und Wollkissen mit und da war der Schlaf ungefähr wie zu Hause. Weil 
ich nun aber oft bis zu zehn Tagen mit dem Tornister auf dem Rücken 
auf Hochgebirgstouren abwesend war, so mußte das Nachtquartier theils 
in Club- oder Schußhütten mit Pritschen von Heu und Wollteppichen, 
theils auc< in Bergdörfern in gewöhnlichen Weißwäsche-Betten genommen 
werden und da machte ich die interessante Erfahrung, =- und meinen je- 
weiligen Begleitern ging es mehr oder weniger auch so =- daß ich in den 
mir fremden (nicht verwitterten) Teppichen der Schutzhütten trotz zwölf- 
stündigen Märschen fast nicht 53, dagegen in den Betten der Bergdörfer 
mit Leintuch, Stepp- oder Flaumdecke auffallend gut schlief, und einmal 
passirte es mir nach einem wirklichen Parforce - Marsch, daß ich auf der 
Pritsche der Hütte, wo ich zum Schuße gegen die Kälte (was ich sonst nie 
zu thun pflegte) no< eine Wollmütße über die Ohren zog, keine Mi- 
nute Schlaf fand. J< schrieb dies damals jedoch anderen Ursachen zu, 
bis ich zwei Tage nachher in einer andern Clubhütte mit der Müße auf 
dem Kopfe das gleiche Nesultat erreichte, und dann nach Wegwerfen der- 
selben eines leichten Schlafes theilhaftig wurde. 
Obschon ich nun im Schlaf meistens zu kurz kam, so konnte ich es 
dagegen im Bergsteigen in meiner Wollkleidung mit Jedem aufnehmen, 
sowohl an Ausdauer für lange Tagesmärsche von 14 Stunden z. B., wie 
es wirklich vorkam, als für steile, schwierige Kletterparthien auf 13,000“, 
und hieß es immer, ich müsse fast nicht athmen. Zudem schwitte ich im 
Vergleich mit den Andern beinahe gar nicht, welchen Vorzuges ich mich 
voriges Jahr noch nicht in dem Maße rühmen konnte, wie heuer, und troß 
wiederholter vollständiger Durchnässung durch Schneegestöber, Negen und 
vielstündiges Schneewaten und des Nichtwechselnkönnens meiner Kleidung 
habe ich nie die leiseste Bes<werde in meinem Befinden verspürt.*) I< 
hatte nota bene nur einen einzigen Anzug bei mir und keinen Ueberzieher, 
sondern eine leichte Tricotblouse mit vielen Taschen, welche ich extra für 
diesen Zwe> bei Herrn Bender in Stuttgart anfertigen ließ, und darf wohl 
sagen, dabei weniger gefroren, als meine Kameraden. Appetit und Ver- 
dauung waren, wie zu erwarten, ausgezeichnet; ich durfte genießen, was 
mich gelüstete und mix zu Hause nicht gut bekommen würde, mit einem 
Worte Alles essen, was mich nicht aß. s 
Nicht unterlassen will ich, zu bemerken, daß ich seit einem halben 
Jahre einen mit Wolle gefütterten Ledergürtel über die Hüften trage und 
diesem Umstande eine ziemliche Bedeutung für Marsch- und Leistungs- 
fähigkeit zuschreibe; nach meiner Ansicht wohl darauf beruhend, daß durch 
den Gurt hinten und vorn die innern und äußern schiefen und die ge- 
raden Bauchmuskeln (musc. obliq. abdomin. interni et externi und m. 
*) Es sei jedem Bergsteiger bei dieser Gelegenheit empfohlen, immer eine 
Flasche Arniea-Spiritus mit sich zu führen, um von Zeit zu Zeit die ermüdeten 
Muskeln damit einzureiben : er wird ihm ausgezeichnete Dienste leisten.
	        

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