Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1884, Bd. 3, H. 1/12)

<u2231.7.2< 
Somit ist es nicht verwunderlich, daß die Thierwelt, die leider 
eine feinere Nase hat, als unsere Gelehrten, auf die Cholera sehr 
fein reagirt. (I< bemerke hiebei, daß die gleichen Mittheilungen 
über Abzug“ von Vögeln auch sonst fast bei jeder Cholera-Epidemie 
in die Deffentlichkeit gelangt sind.) 
I< möchte daran noh weiteres knüpfen. Kurz vor meiner Ab- 
reise in die Ferien wurde ich von journalistischer Seite ersucht, mich 
mit Bezug auf die Choleragefahr über die don mir behauptete Seuchen- 
festigkeit der Wollenen zu äußern. -J<h willfahrte wie immer bereit- 
willig diesem Wunsch und seßte die Sache kurz auseinander, und was 
ges<ah? In einer Menge von Zeitungen erschien meine Auzeinander- 
jeßung, die den Umfang eines gewöhnlichen Zeitungsartikels nicht 
überschritt, so verstümmelt, daß sie unverständlich bleiben mußte. Eine 
andere Sorte von Blättern excerpirte aus dieser verstümmelten Mit- 
theilung in ihrer Weise einen haarsträubenden Unsinn; ein Blatt legt 
mir sogar gerade das Gegentheil dessen in den Mund, was ich gesagt 
hatte, und eine solche Presse erhebt den Anspruch der Weltherrschaft 
resp. einer Großmacht! 
Wenn die Presse wirklich die Welt regiert, dann ist wieder der 
Saß wahr von dem wenigen Verstand, mit dem dies Regieren geschieht. 
Uebrigens nicht blos die Presse macht einen beklagenswerthen 
Eindru>k, sondern nicht minder unsere Gelehrtenwelt. Salomo sagt: 
Gehe hin zur Ameise, du Fauler, siehe ihre Weise an und lerne! 
Unsc. 2? Gelehrten wollen aber immer nur in Büchern, in Hör- 
säen und Laboratorien lernen, statt bei der großen Lehrmeisterin, der 
Natur selbst. Sie kennen die Naturwissens<aften, aber nicht die 
Natur. und bleiben deßhalb zeitlebens: %aturböotier. Die 
Microben oder Bacillen oder Bacterien sind Shmaroßerorganismen 
oder Farasiten und wer nicht die Gesetze kennt, welche in der ganzen 
Parasitenwelt herrschen und zwar ohne Ausnahme, gleichgültig, ob 
der *-arasit ein Thier oder eine Pflanze, ob groß oder klein, und 
gleichgültig, ob der Wirth ein Thier oder eine Pflanze, der tappt in 
solchen Fragen, wie bei der Cholera, theoretisch und praktisch im Nebel 
erum. 
; Den Medizinern ist allerdings das Studium der Botanik und 
Zoologie vorgeschrieben, allein hiebei wird alles studirt, nur das nicht, 
was der Mediziner brauchen würde, um für seinen Kampf mit kleinen 
und großen Parasiten gewappnet zu s.:n. 
D:2 l.. be des ParasitiSmus lut man nür, wenn man die: 
Natur selbst veobachtet und auf dem Wege der Vergleichung das allen 
Parasiten gemeinsame Verhalten ermittelt. 
.  Z< habe in meinem Bu< „Entdeckung der Seele“ das Wesent- 
liche, gerade für die Seuchenlehre Wichtige, längst niedergelegt, aber 
die Herren, die in diesen Fragen das große Wort führen, wollen 
nichts lernen und unsere wunderbare Einrichtung de8 Spezialisten-
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.