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und Vertretern der bestehenden Verhältnisse. Diese3 harmlose Stadium
ist vorüber.“ Ganz richtig. Aber der Kampf währt no< immer,
und daß Gustav Jäger der energischeste, tüchtigste, begeistertste Feld-
herr für sein wirklih humanes Unternehmen ist, darüber kann kein
Zweifel bestehen. Sehen wir doc< ab von allenfallsigen Schrullen,
von anscheinend überflüssiger Pedanterie; Gustav Jäger hat nicht allein
seine eigene Erfahrung als Zeugin, er kann sich bereits auf die große
Oeffentlichkeit berufen. Freilih muß man ein ganzer Normalmensc<h
sein; „das “ollregime leidet noch in großer Ausdehnung an dem Fluche
der Halbho'+“ =- klagt er an einer Stelle. „Nicht die Hälfte der
Wallenen trägt den richtigen Ro>, nicht der Hundertste das richtige
Voinkleid; der Eine hat die richtige Hauptkleidung ohne die richtige
9 -benkleidunzx der Eine das richtige Lager ohne die Kleidung, der
Andere umgerehrt. Mit dem Schlafen bei offenem Fenster ist es ähnlich.“
Für Auskunft hat Gustav Jäger auf das ausgiebigste gejorgt; er
publizirt seit zwei Jahren auch eine eigene Monatsschrift; er kontrolirt
die Fabrikation der Stoffe, er ist überall am richtigen Orte der richtige
Mann. Er verdient unsere Sympathie; er will ein gutes Werk aus-
führen, <* will die Gesundheit der Menschen erhalten. Wenn nur
die Ans<affung der vollständigen Normal-Ausstattung etwas billiger
zu stehen käme. Aber Schafwolle notirt leider noh immer zu hoh.
In einem Buche sagt Gustav Jäger, er sehe shon, es werde noth-
wendig sein, ein neues Kampfmittel zu schaffen, nämlich die Bildung
eines Vereins mit Wanderversammlungen -- es scheint seither nicht
mehr nothwendig geworden zu sein, höchstens daß er selbst in der
Arena erscheint und persönlich Propaganda macht, wie er es heute
in Wien beginnt. Er trägt im Bösendorfer Saale vor. Es würde
mich freuen, brauchte er für einen nächsten Vortrag den großen Musik-
vereinssaal. Der „Seelenriecher“ ist ein ernster Mann und sein Be-
ginnen ein ernstes. Mit der Konstatirung dieser Thatsache sei er in
Wien begrüßt.“ Friedrich Peß.
Dasselbe Blatt berichtet in seiner Nummer vom 6. Januar über
den Vortrag folgendermaßen :
„Professor Gustav Jäger), der Erfinder der Normalkleidung, hat
gestern Wien erobert, das heißt, jenen Theil von Wien, der den
Bösendorfersaal, und zwar bis zum Erdrücken füllte. Der Vortrag
fand zum Besten des bekannten humanitären Vereines „Zukunft“
statt =- der Verein kann sich gratuliren, Professor Jäger aber auch.
Cr wurde bt! seinem Erscheinen mit Applaus empfangen. Eine stäm-
mige, nicht hoch gerathene Figur, kluge, brillenbewehrte Augen in einem
vollbärtigen Gesichte, shwarzblauer Trikotfrac>, eine rothe, herabhängende
Kravatte mit Goldfransen, im Anzuge so schon das Sc<hwarzrothgold
der Gesinnung manifestirend =- die Sprache wieder läßt sofort den
Schwaben erkennen. Er verstand das Publikum vorzüglich zu behandeln,