Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1888, Bd. 7, H. 1/12)

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heiratung -anhaltend und später nicht bloß wiederholt an seinen 
Sommererholungsorten, wozu er mit Vorliebe Schottland wählte 
und zwar wahrscheinlich nicht bloß deshalb, weil ihm dort Klima, 
Land und Leute gefielen, sondern sicher auch, weil er sich dort 
ungeniert in einer Tracht bewegen konnte, in welcher es ihm wohl 
war =- sondern er trug sie auch, wie vor kurzem in einer bio- 
graphischen Schilderung in der Zeitschrift „Daheim“ zu lesen war, 
als Kronprinz oft und viel, wenn er in dem weitläufigen Park 
seines Potsdamer Sclosses mit seiner Familie sich bewegte, 
In zweiter Linie war es die Tiroler und oberbayrische 
Tracht, welche der Verstorbene jedesmal bei seinem wiederholten 
längeren Aufenthalt im Gebirge. zuleßt noh in Toblach, trug, und 
zwar sicher nicht, wie manche das auszulegen geneigt waren, um 
sich populär zu machen, sondern sicher aus dem gleichen Grunde, 
wie so viele Städter bei der Sommerfrische im Gebirg , weil es 
ihnen in Kniehosen, langen Strümpfen und Schuhen. wohler ist, 
als 1 dem ärmlichen französischen Beinkleid. 
„de nie C-legenheit gehabt und auch nicht gesücht, 
troß manchcr Anregun - hiezu, meine Sache persönlich, mündlich 
oder schriftlich dem hohen Verstorbenen vorzulegen, sondern be- 
wahre in dieser Richtung nur Eine persönliche Erinnerung. 
Bei den letzten Kaisermanövern in der Nähe Stuttgarts, im 
Jahr 4883, stand i“> mit meinen Damen auf dem Mandöverfeld 
am Rand eines Hohlweges, durc< den der damalige Kronprinz 
mit drei andern Herrn, da es bergauf ging, im Scritt vorüber 
fuhr. Kaum hatte ich seinen ersten Bli aufgefangen , so beugte 
er sich gegen. die Herrn ihm gegenüber vor, vernehmbar meinen 
Namen nennend, und wandte sich dann rasch nach mir, unter wie- 
derholtem Kopfnicken freundlichst salutierend. Da niemand sonst 
in der Nähe war, denn die meisten Zuschauer waren dem schon 
vorher vorbeigefahrenen Wagen Kaiser Wilhelms nachgezogen, so 
fonnte der Gruß niemand anders gelten als mir und meiner Be- 
gleitung. Wenn ich dies dahin deute, daß ihm unsere Be- 
strebungen nicht unbekannt waren und daß er ihnen nicht unsym- 
pathisch gegenüberstand, wenn auch vielleicht nicht in allen Stücken, 
so kann mir das nur Mißgunst verwehren. 
Zum Schluß noch die Bemerkung: Der eine oder andere 
meiner Leser erwartet vielleicht, daß i<ß mich über die Behandlung 
und die Krankheit des hohen Entschlafenen äußere. J< habe dies 
früher nicht gethan, einmal, weil ich der Ansicht bin, daß niemand 
befugt ist, ih zwischen den Patienten und den Arzt seines Ver- 
trauens zu drängen, und dann, weil ich nicht gerne etwas thue, 
von dem ich it daß es do<h keinen Erfolg hat. Jett nachdem
	        

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