Full text: Professor Dr. G. Jägers Monatsblatt : Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre (Jg. 1892, Bd. 11, H. 1/12)

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34 danke es nun einer sehr klugen und wahrhaft gebildeten Mutter, 
daß ich zu einer Zeit, wo man noh nichts von Naturheilkunde 2c. wußte, 
denno< in sinnverwandter Art auferzogen. wurde, und daher gegen alles, 
was aus dem Apothekerlaboratorium kam, ein entschiedenes Mißtrauen 
hatte. So wollte ich auch, ehe ich mich zum Eingeben der „heilenden Tropfen“ 
entschließen konnte, dieselben wenigstens mit meinen Laiensinnen untersuchen. 
Dabei verschüttete ich ein wenig auf die Ahornplatte des Tisches -- und 
siehe da, es brannte ein Loch in das feste Holz. Das war genug der 
Warnung, um das Gift verschwinden zu machen. Gewedt durch meine 
HerzenSangst erwachte mein Jnstinkt als Retter. Damals noch fast un- 
bekannt mit dem Gebrauch derselben, wagte ich es, Rumpfwicklungen anzu- 
wenden und zwar mit dem besten und merkwürdig schnellen Erfolg, denn 
eixea 4 Tage darauf konnte mein Mann schon den ersten kleinen Äusgang 
unternehmen und wurde in kurzer Zeit wieder ganz hergestellt und kräftig. 
(Dieser Fall gehört natürlich in ein etwas anderes Kapitel als der vorher- 
gehende. Jäger). 
Besonders nach den Kindbetten sollte eine Frau ihre Instinkte walten 
lassen, die sie sich eben freilich auch nur rein und naturtreu erhält bei 
naturgemäßer Lebensweise in Nahrung, Kleidung und allem. Es wäre 
dies viel besser, als sich ängstlich dem Zwang althergebrachter, oft unsinniger 
und naturwidriger Hebammenvorschriften blindlings zu unterwerfen, wobei 
die Folge oft er: Kindbettfieber und lebenslange Leiden sind. Jn erster 
Linie ist der gewöhnliche Luftabschluß, die Wasserscheu und das Aushungern 
der Kindbetterinnen ein die Genesung ers<hwerendes Unrecht. Z<h bin nichts 
weniger als eine robuste Frau, habe aber all meine Wochenbetten bei offenem 
Fenster, = in dur<hwärmtem Raum, -- aber bei beständigem Zulaß der 
Lufterneuerung durchgemacht. J< habe die erhißenden Fleisch- und Hühner- 
brühen , =- damals, wo ich mit diesen Sachen noch nicht so vertraut war 
= wohl aus Instinkt, von mir gewiesen und mich an Milch und Limonade, 
Obst und zwar dieses nach Lust, und an ganz einfache Mehlspeisen gehalten. 
Auch habe ich stets reichlich frisches Wasser zum Trinken und Waschen be- 
nüßt. Dabei habe ich mich immer merkwürdig schnell erholt und gekräftigt und 
befanden sich auch die Kleinen, die ich stets selbst und lange stille, vortrefflich. 
D. 3 der natürliche Instinkt auch von selbst zur Annahme der Woll: 
tleidung führen kann, bewies mir die Erzählung einer mir bekannten Dame. 
I< schie voraus, daß derselben Prof. Dr. Jägers Wolllehre gänzlich 
fvemd und unbekannt war, da sie ganz allein und abgeschieden am Lande 
lebt und nie vorher mit jemanden in Berührung kam, der ihr davon ge- 
sprochen hätte, Diese Dame, die. Witwe eines Arztes, ist hochgradig leidend : 
ein Herzfehler und Asthma, teilweise Lähmung durch Nervenschlag, sowie 
ein schmerzeudes Gichtleiden raubten ihr die Ruhe der Tage und Nächte. 
Besonders letßtere waren für sie durch Beklemmung und übermäßigen 
Schweißaustritt überaus peinlich. Da kam sie plößlich auf die Zdee, Ich 
ein Wollhemd und ditto Beinkleid machen zu lassen, und als sie bald dar- 
auf äußerst wohlthätigen Erfolg davon wahrnahm , probierte sie es mit 
rein flanellenen Betttüchern, jowohl zum Daraufliegen als zum Zudecken, 
und von da ab fand sie bedeutend mehr Ruhe und Erholung die Nacht 
und wurde schmerzfreier des Tages. | 
Disse instinktiv Wollene erzählte mir mit großem Vergnügen von 
ihren“ Entdekung, und war nicht wenig erstaunt und erfreut, als ich
	        

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