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R. SCHMIDT
Der Magerrasen auf dem vorderen Berg
Der Magerrasen auf dem vorderen Berg wird auch heute noch häufig als
„Steppenheide“ bezeichnet — so z. B. auch auf den Tafeln des Naturlehr-
pfades. Es mag sein, daß es sich - wie aus dem Studium der älteren Lite-
ratur hervorgeht — früher einmal um eine mehr oder weniger typische
„Steppenheide“ gehandelt hat. Nach dem heutigen Zustand ist diese
Bezeichnung allerdings nicht mehr am Platze — auch dann nicht, wenn man
sich an die Definition von R. GRADMANN hält. Wir müßten sonst nämlich
eine „bunte Gesellschaft von Kräutern und Stauden, die sich auf sonnigen
und warmen vom Menschen unbeeinflußten Standorten zusammenfinden“
antreffen. Die Gräser würden lange nicht so im Vordergrund stehen, wie
das tatsächlich der Fall ist. Nach EICHLER, GRADMANN und MEIGEN 1906
ist die Stepenheide urwüchsig, wild und durch das Fehlen jeglicher Kultur
ausgezeichnet — und das trifft für den Kappelberg keinesfalls zu — ganz
abgesehen davon, daß fast sämtliche Charakterarten der Pflanzengesell-
schaften (v. all. Geranion sanguinei), in die die „Steppenheide“ aufge-
gliedert worden ist, fehlen (vgl. TH. MÜLLER 1962). Es handelt sich viel-
mehr um einen Halbtrockenrasen oder besser: um einen Magerrasen, der,
wie aus der Vegetationstabelle (Tabelle I) hervorgeht, fast alle üblichen
Mesobromion-Charakterarten enthält. Bekanntlich sind ja alle Mesobrome-
ten unseres Gebietes anthropogen, und wahrscheinlich wurde auch der
Magerrasen des Kappelberges in vergangener Zeit regelmäßig gemäht, da
einige Pflanzen, die für diese Bewirtschaftungsform typisch sind, recht
häufig anzutreffen sind. Es handelt sich einesteils um Trockenrasenpflan-
zen, die gegen eine Beweidung nicht resistent genug wären - so z.B.
Centaurea scabiosa (Skabiosenflockenblume), Anthyllis vulneria (Wund-
klee) und Onobrychis viciaefolia (Esparsette) - und andererseits um solche
Arten, die bereits schon als Vertreter „magerer Fettwiesen“ angesprochen
werden können wie z. B. Avena pubescens (Flaumhafer), Knautia arvensis
(Ackerknautie), Dactylis glomerata (Knäuelgras), Salvia pratensis (Wiesen-
salbei) und Galium mollugo (Wiesenlabkraut). Die erstere Artengruppe be-
nutzte TH. MÜLLER 1966 als Charakterarten seines Onobrychi-Brometums
vom Spitzberg bei Tübingen. Die übrigen Arten können als Differential-
arten dieser Assoziation gelten. Auch auf dem Kappelberg liegt diese
Assoziation vor — allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung: Bromus
erectus (Aufrechte Trespe), der normalerweise im Onobrychi-Brometum
mit großen Deckungsgraden (bis 3!) auftritt, wird auf dem Kappelberg von
Carex humilis (Niedere Segge) stark zurückgedrängt.
Besonders im Frühjahr, wenn die Gräser und Kräuter noch nicht ent-
wickelt sind, fällt Carex humilis als beherrschender Aspektbildner auf. Be-
sonders an flachgründig-steinigen Stellen kann man schön ihre kleinen
halbkreisförmigen Horste beobachten. Sie gehört pflanzengeographisch
gesehen zu den Steppenpflanzen des kontinental-submediterranen Berei-
ches und ist als solche für die oben beschriebenen Klima- und Bodenver-
hältnisse des Kappelberges charakteristisch. (KReH wies schon 1932 auf die