Zur Vegetation und Ökologie des Kilimandjaro
a
gungen abhängt und daher in sehr unregelmäßigen Abständen stattfindet.
Nach der Blüte bilden die Dendrosenecien sehr viele Samen. Etwa 20% davon
sind keimfähig und nach Untersuchungen von Beck am Mt. Kenya ist die Zahl
der Jungpflanzen nach drei Jahren weit geringer als 1% der keimfähigen
Samen.
Besonders interessant ist naturgemäß die Frage, mit welchen Schutzeinrich-
tungen die Riesenrosettenpflanzen dem täglichen Frostwechselklima begeg-
nen. Charakteristisch ist die Bildung der sogenannten Nachtknospen, die man
bei den Dendrosenecien und den Riesenlobelien festgestellt hat (HEDBERG
1964, BECK et al. 1982) und die auch von den Espeletien der Anden bekannt ge-
worden ist (LARCHER 1975). Man versteht darunter die Tatsache, daß sich die äl-
teren Blätter nachts einwärtskrümmen und so die zentrale Knospe vor Kälte
schützen. Die so erreichte Isolierwirkung genügt, um eine Schädigung der
Knospe bis zum folgenden Morgen zu verhindern. Die älteren Blätter werden
unterkühlt; bei Senecio erfolgt auch eine extrazelluläre Eisbildung, die keine
Frostschäden verursacht. Bei Senecio cottonii gefrieren nach BEcK die jüngeren
Blätter erst bei tieferen Temperaturen als die adulten. Die Espeletien der
Anden ertragen hingegen ein Gefrieren ihrer Blätter nicht (RaADa et al. 1985).
Die Stämme der Dendrosenecien sind durch eine relativ dicke Borke und den
Mantel toter Blätter recht gut isoliert.
Bei Lobelia deckenii wird in von den Blattbasen gebildeten Zisternen Wasser
akkumuliert, in dem sich ein Polysaccharidschleim ansammelt. Beim Schließen
der Blätter zur Nachtknospe wird dieses Wasser zwischen den Blättern hoch-
gedrückt und bildet infolge seiner Wärmekapazität und der Freisetzung von
Wärme beim Gefrieren einen zusätzlichen Wärmeschutz. Durch den Schleim
ist das Wasser vermutlich auch beträchtlich unterkühlbar. Die Vakuolen der
Epidermiszellen der Lobelien enthalten ebenfalls reichlich Schleim. Wir haben
beobachtet, daß die Blätter der Dendrosenecien am Kilimandjaro ziemlich
hohe Schleimgehalte aufweisen, die durchaus dem Frostschutz dienen könnten
(vgl. DisTELBARTH und Kur 1985). Die Riesenlobelien sind durch ihr Zister-
nenwasser auch einigermaßen gegen Schädigung durch Feuer geschützt (BEcK
1983), während die Dendrosenecien sehr gefährdet sind, da das Feuer die abge-
storbenen Blätter leicht erfaßt.
Evolutionsvorgänge in der afroalpinen Flora
Die ostafrikanischen Hochgebirge bestehen aus einzelnen vorherrschend
vulkanischen und daher vom Entstehen an getrennten Gebirgsmassiven. Sie
bilden Inseln temperierten Klimas in der tropischen Klimazone. Ihre Gebirgs-
flora entstand aus Elementen der Vegetation der tieferen Stufen. Daher haben
sich parallele Evolutionsprozesse abgespielt. Man kann also von einer adapti-
ven Radiation sprechen (HEDBERG 1969). Im Gegensatz zu der Evolution in
einem echten Archipel bestand aber die Möglichkeit, daß sich die Arten all-
mählich an das Gebirgsklima adaptierten (MABBERLEY 1973). Unklar ist die
Veränderung der Zonen der Gebirgsvegetation während des Pleistocäns (CoeT-
ZEE 1964; HEDBERG 1969). Vor allem läßt sich nicht entscheiden, wie sich die
neben der Temperaturerniedrigung wichtige Veränderung der Niederschläge
Jh. Ges, Naturkde. Württ. 141 (1986)