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ULRICH KuLL
Abb. 18: Senecio brassica R. E. Fr. et TH. Fr. jr. vom Mt. Kenya, Gras-Moor-Land bei
3700 m am Aufstieg zum Teleki-Valley.
(HEDsErG 1957). In anderen Fällen lassen sich eindeutige Unterarten (z.B. bei
Philippia trimera und den Baum-Senecien) oder sogar Arten (z. B. Lobelia, Heli-
chrysum) unterscheiden. Das Ausmaß des evolutiven Wandels ist also sehr un-
terschiedlich. Ob eine echte genetische Separation der vikarlierenden Arten
stattgefunden hat, ist in der Regel unbekannt. In der Natur sind die Genpools
durch die räumliche Trennung separiert.
Bei den Dendrosenecien ist eine Waldform von Senecio johnstonii als Aus-
gangsform anzunehmen, die etwa die Gestalt und die Ansprüche der ssp. refrac-
tisquamatum oder battiscombei (aus Kenya) gehabt haben dürfte (MABBERLEY
1973). Die Evolution der Dendrosenecien ist am Mt. Kenya am weitesten fort-
geschritten; dort sind zwei selbständige Arten in unterschiedlichen Lebensräu-
men entstanden, die alpine S. keniodendron und die ans Moorland angepaßte
Art S. brassica. Die Architektur von Senecio brassica entspricht übrigens jener
von Lobelia deckenii weitgehend; beide bilden kriechende Achsen. Am Kili-
mandjaro ist die Differenzierung der Dendrosenecien geringer: die Waldform
reicht in den Gras-Moor-Land-Bereich und bildet dort den Okotyp „S. kıli-
manjarı“. Durch Anpassung an die Bedingungen der alpinen Zone entstand die
Unterart ssp. cottonii. Unklar ist die erste Entstehung der baumartigen Sene-
cien. Eine Bildung im Bergwald ist nicht wahrscheinlich, da es sich bei diesen
Schopfbäumen um Bautypen handelt, die vor allem beim Fehlen einer Kon-
kurrenz um das Licht vorteilhaft sein können. Im Wald ist gerade die Konkur-
renz um den Lichtfaktor aber sehr ausgeprägt. MABBERLEY (1973) nimmt auf-
grund der Pachykaulie unter Aufnahme einer Hypothese von CORNER an, daß
Ih. Ges. Naturkde. Württ. 141 (1986)