Albertus Magnus
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den Brüdern der Deutschen Ordensprovinz zum Prior gewählt. Er ist bereits
61 Jahre alt. Dies war im Herbst 1254. Die Wahl erfolgte in Budapest,
ALBERT war anwesend. Kurz nach dieser Wahl hält ALBERT bereits in Worms
das deutsche Ordenskapitel, besucht die Klöster am Niederrhein, gründet in
Soest das Dominikanerinnenkloster Paradies — Sie kennen es aus dem Sim-
plicius Simplicissimus des Grimmelshausen, der im 30jährigen Krieg dort
als Schutzsoldat liegt —-, dann besucht ALBERTUS entlang der Nord- und
Ostsee bis hinauf nach Riga die Konvente seines Ordens. Im Spätsommer
1255 hält er das Jahreskapitel in Regensburg, visitiert die Klöster in Öster-
reich und in Süddeutschland — und jede größere Stadt hatte damals ihr
Dominikanerkloster, Am 16. Januar 1256 ist er in Köln, wie wir aus einer
Urkunde wissen. Dann besucht er die Klöster in Belgien und Holland,
nimmt Pfingsten 56 am Generalkapitel in Paris teil, hält im Hochsommer das
deutsche Kapitel, diesmal in Erfurt, und Ende September ist er am päpst-
lichen Hof unweit von Rom.
Eine gute Leistung bei den damaligen Verkehrsverhältnissen, werden Sie
sagen. Wäre heute noch mit dem Auto eine Leistung! Aber — alle diese
Reisen macht ALBERTUS MAGNUS zu Fuß. Er ist ein Bettelmönch ohne Pferd
und Wagen, ohne einen Pfennig Geld in der Tasche. Nach der sehr streng
eingehaltenen Regel des Ordens muß er auf allen Reisen Essen und Nacht-
quartier erbetteln.
Vielleicht hat damals eine gewisse Tradition der deutschen Wissenschaft
begonnen!
Ein Sekretär begleitet den Prior. Sobald ein Kloster geprüft, jeder, jeder!
Bruder gehört, alle Anstände abgestellt und schriftliche Weisungen erteilt
sind, nehmen die beiden wieder ihren Wanderstab und ziehen weiter zum
nächsten Kloster.
Man wird fragen, wie sich ein solcher Geist bei den langen Fußmärschen
beschäftigt hat? Einen Teil des Tages nahm das Breviergebet,. die geist-
liche Lesung, in Anspruch. Aber wie einst in der Jugend das schwäbische
Studentle, so schritt jetzt der deutsche Provinzialprior offenen Auges durch
die Natur. Am Wegrand fand er eine unbekannte Pflanze: sie wird aus dem
Boden genommen, im Weitergehen untersucht und bei der nächsten Rast in
Stichworten beschrieben. Wild wird im Wald beobachtet. Nicht Maus noch
Käfer oder Schmetterling werden übersehen. Besonders achtet ALBERTUS der
Raubvögel, sie werden ja als Beizvögel für die Jagd verwendet, und in jener
Zeit hat der Staufer FRIEDRICH II. sein Buch „De arte venandi cum avibus“
geschrieben.
ALBERTUS macht bei Köhlern und Holzfällern Rast und fragt sie nach dem,
was sie von ihrer Umwelt wissen. An den Küsten der Nord- und Ostsee be-
obachtet er stundenlang die Meeresfische. Er besucht die Stände der Kauf-
leute in den Städten, geht auf die Schiffe in den Häfen und forscht nach
Art und Herkunft fremdländischer Waren, nach den Menschen und dem
Klima fremder Länder. Er steigt in die Bergwerke hinab und gesellt sich zu
den Arbeitern in den Steinbrüchen, stets zugleich Seelsorger und Natur-
forscher.