Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 32, 1876)

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Die Bewohner des heutigen Europa sind ein buntes Ge- 
misch der oben angeführten 4 Rassen zu 2, 3 oder 4, und nur von 
dem Vorherrschen der einen oder anderen dieser Elemente hängen 
die Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Nationen ab. Nur in 
einem Theile von England, Schweden und Deutschland herrscht 
der germanische Typus vor, ganz unvermischt ist er‘aber wohl 
nirgends mehr. In dem grösseren Theile des letzteren stehen die 
germanischen Elemente den brachycephalen in ziemlich gleicher 
Zahl gegenüber, oder sind sogar in entschiedener Minderheit. Zur 
Zeit der Römerherrschaft waren die Germanen nur mehr die einzigen 
unvermischten Arier in Europa, alle anderen Nationen schlossen 
ausser arischen auch eine grössere Zahl allophyler Elemente in sich. 
Die Gälen sind heute noch, wie sicherlich schon seit Jahrtausenden 
so entfernt von dem germanischen Typus, als die Slaven, mit wel- 
chen sie in ihrer Schädelform übereinstimmen. Ein grosser Theil der 
Spanier, Franzosen, Italiener, Böhmen und Polen haben ebenso viel 
germanisches Blut in ihren Adern als die Bewohner vieler "Theile 
Deutschlands. Die germanischen Elemente werden aber desto 
seltener, je weiter man sich von der heutigen deutschen Gränze 
nach Osten entfernt, und die letzten Ausläufer der indo-germanischen 
Völker in Persien und Indien sind, so scheint es, durch eine weite 
Kluft von ihren europäischen Stammesgenossen getrennt. 
Das Deutsche Volk, so wie es seit der Völkerwanderung 
sich gestaltet hat, gleicht einer grossartigen Völkerruine , deren 
zerfallene Theile mit Bausteinen fremder Art wieder in wohnlichen 
Zustand gebracht worden sind. Immer weiter sind diese fremden 
Elemente in das germanische herein gewachsen; ob sie es über- 
wuchern und ersticken werden, wird davon abhängen, ob sie neuen 
Zuschuss von aussen erhalten. Bis jetzt ist es noch nicht ge- 
schehen, denn so schwer sie auch dem germanischen Typus in 
den Gliedern liegen, so langsam und mühevoll er sich aus der 
fremden Beimischung herauswindet, noch ist er in dieser langen 
Überfluthung nicht zu Grunde gegangen. Mit der unverwüst- 
lichen Zähigkeit, welche ihm eigen ist, kommt er selbst in den 
am meisten brachycephalen Bezirken Deutschlands immer wieder 
auf die Oberfläche, wie die von mir zusammengestellten Misch- 
Württemb, naturw. Jahreshefte. 1876. “0 
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