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Die Wanderung dauerte um Mittag in derselben Weise fort.
Um 2 Uhr Nachmittags, als sie sich noch nicht vermindert hatte,
fuhr ich in offenem Einspänner nach dem 11, Wegstunden ent-
fernten Maloja-Pass. Meine Fahrt ging direkt mit dem Insekten-
fluge, aber das Fuhrwerk wurde fortwährend weit von den Wan-
derern überholt, die unaufhaltsam auf der am westlichen Saume
des Thales nach Süd-West ziehenden, östlich vom Silser-See
begrenzten Strasse dahin, pfeilschnell an ihm vorüberzogen.
Bei Maloja-Kulm, dem Wirthshause, wird das Thal südwärts
durch die vorliegende Alpenkette abgeschlossen und wendet sich
hier, plötzlich von der Höhe von etwas über 1800 m steil ab-
fallend, nach Westen und dann nach Süden.
Ich war begierig, zu sehen, wie sich die Insekten hier
benehmen, ob sie die ursprüngliche Richtung des Fluges ein-
halten oder ob sie dieselbe nach derjenigen des Passes verändern
würden.
Jedenfalls bogen sie nicht sofort in den Pass ein. Sie
flogen vielmehr, in der alten Richtung verbleibend, an der Mün-
dung des Passes vorüber, der gegenüberliegenden waldigen Berg-
wand zu. Ich verfolgte sie, von der Strasse abgehend, durch
den Wald gegen die Bergwand. Hier wendeten sie sich offen-
bar etwas mehr westwärts, entsprechend der Biegung des Thales.
Allein ich konnte keine Gewissheit darüber erlangen, ob sie
zuletzt der westlichen Thalwand entlang oder ob sie über die
hohen Berge hinüberflogen. Es war für mich schwer, hier durch
hügeligen, steinigen und sumpfigen Wald vorwärts zu dringen.
Es war 5 Uhr geworden und ich musste, meinem Begleiter zu
Liebe, umkehren.
Jedenfalls ging die Reise der Fliegen und Libellen nach
Italien.
In dem hügeligen, felsigen Walde konnte ich noch eine
besondere Beobachtung bezüglich der Art des Fluges machen,
Dieser ging, wie gesagt, stets nahe der Erde. Zwei Meter
mochte die höchste Höhe sein, in welcher besonders die Libellen
häufig zogen, während die Fliegen sich meist tiefer hielten, Da
ich im Fangen der raschen Thiere, vorzüglich der Libellen,