Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 53, 1897)

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einer energischen Bewegung in ihrem Innern genugsam Zeugnis 
abzulegen schienen, und ferner die Thatsache, dass die Entwickelung 
der Eier nicht verhindert wurde, wenn man unmittelbar nach der 
Befruchtung die denselben anhaftenden Samenfäden abwusch, ein 
Umstand, der ganz besonders deutlich auf eine momentan vollzogene 
Übertragung einer molekularen Bewegung hinzuweisen schien. Man 
dachte sich also, dass die Spermatozoen die Bestimmung hätten, 
den Molekülen des Eies eine bestimmte Bewegung mitzuteilen, ebenso 
wie man damals bei Krankheiten die Ansteckung durch ein Kon- 
tagium auf eine mitgeteilte Molekularbewegung zurückführte. 
Während man also um die Mitte dieses Jahrhunderts bezüglich 
der Theorie der Befruchtung auf einem gewissen Ruhepunkt angelangt 
war, waren bereits inzwischen einige Beobachter mit der Angabe 
hervorgetreten, dass die Spermatozoen bei der Befruchtung in das 
Ei selber eindringen, und sogar Bıscnorr, der Begründer der Kontakt- 
theorie, sah sich 1854 veranlasst, diese Thatsache sowohl beim Frosch- 
als auch beim Kaninchenei zu bestätigen. Für das unbefangene 
Urteil war dadurch selbstverständlich die Richtigkeit der Kontakt- 
theorie in Frage gezogen und vereinzelt wurde denn auch bereits 
die Ansicht laut, dass die Vermischung der Bestandteile der ein- 
gedrungenen Samenelemente mit der Substanz des HEidotters das 
Wesentliche an der Befruchtung ausmache. Man war also damit 
bereits zu einem Ergebnis gelangt, dessen strengere Begründung und 
schärfere Präcisierung der inzwischen ins Leben gerufenen Zellen- 
lehre vorbehalten war. 
Bekanntlich hat die Ende der 30er Jahre hauptsächlich von 
SCHLEIDEN und ScHwANN aufgestellte Zellenlehre den seither allgemein 
anerkannten Satz aufgestellt, dass sich sowohl der pflanzliche als 
der tierische Organismus aus zahlreichen Elementarorganismen, den 
Zellen, zusammensetze. Jede der Zellen beherbergt einen Nucleus 
oder Kern, ein bläschenförmiges Gebilde, welches in seinem Innern 
einen oder mehrere festere Inhaltskörper, die Nucleolen oder Kern- 
körper, einschliesst. 
Die Zellenlehre in dieser ersten Gestaltung bemächtigte sich 
zunächst der Frage, welchen morphologischen Wert das Ei und seine 
einzelnen Bestandteile haben, d.h. ob das Ei selbst oder einer seiner 
Inhaltskörper eine Zelle darstelle. Bereits 1825 hatte PuUrKınJE an 
der Peripherie der gelben Dotterkugel des Hühnereies, innerhalb des 
als Hahnentritt bekannten hellen Fleckes, einen bläschenförmigen 
Körper entdeckt, der fernerhin die Bezeichnung Purkinje’sches Keim-
	        
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