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müsse, um die Fortpflanzungsfähigkeit zu erhalten. — Nun hatte schon
WAGNER (1853), noch vor der Entdeckung der Parthenogenese, auch
auf die zweite mit dem Befruchtungsvorgang regelmässig zusammen-
hängende Thatsache mit grossem Nachdruck aufmerksam gemacht,
nämlich dass bei derselben offenbar die körperlichen Eigentümlich-
keiten beider Eltern vereinigt und auf die Kinder übertragen werden.
In neuester Zeit (1885—86) ist nun WEIsMmANN durch diese Thatsache
und durch die Thatsache der Parthenogenese dazu geführt worden, das
Wesentliche der Befruchtung nicht in der angenommenen Belebung
oder in einer Vereinigung entgegengesetzter „polarer“ Kräfte zu suchen,
sondern eben gerade in der Vereinigung zweier Vererbungstendenzen,
in der Vermischung der Eigenschaften zweier Individualitäten. Die
sexuelle Fortpflanzung würde also danach die Folge haben, nicht
nur vorhandene Anlagen zu verstärken oder abzuschwächen — eine
Wirkung, welche jedem Tierzüchter bekannt ist — sondern vor
allem auch immer neue Kombinationen von individuellen Merkmalen
zu erzeugen. Durch die sexuelle Fortpflanzung wird also vor allem
das Material von erblichen individuellen Charakteren geschaffen, mit
welchem die Selektion arbeiten kann.
Diese neue Befruchtungstheorie hat, trotzdem ihr die KErfah-
rungen der Tierzüchter eine wertvolle Stütze gewähren, bereits ihre
erste Formulierung in einem wichtigen Punkte verlassen müssen,
nämlich, was die Auffassung des Befruchtungsvorgangs als ausschliess-
liche Quelle der individuellen Abänderungen anbelangt. Im ganzen
stellt aber diese Theorie im historischen Gang der Befruchtungslehre
offenbar wiederum eine Art von Ruhepunkt in der Fragestellung dar,
wie dies z. B. für die Kontakttheorie, in der Mitte des Jahrhunderts,
galt, nur dass die Anregung, welche die erstere der beobachtenden
Forschung gegeben hat und noch giebt, eine unvergleichlich grössere
und vielseitigere ist, als dies bei der Kontakttheorie der Fall war.
Aber ebenso, wie zur Zeit, als die Kontakttheorie aufgestellt
wurde, bereits einige Beobachtungen schüchtern hervortraten, mit
denen die Theorie nicht ganz zurechtkommen konnte, so gilt dies
auch heute wieder, insofern auf dem Gebiet der Befruchtungslehre
bereits wieder einige Thatsachen auf etwas Unbekanntes, noch gänz-
lich Verschleiertes hinweisen. Gestatten Sie mir, dass ich Ihre Ge-
duld noch wenige Augenblicke in Anspruch nehme, um Sie mit einer
dieser Thatsachen bekannt zu machen. Es wurde erwähnt, dass
beim Ei des Pferdespulwurms die väterliche und mütterliche Kern-
substanz sich vollständig gleichartig verhalten und sich selbständig