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kommen von spontaner Selbstbestäubung ist die Lage, welche die
Blüten an ihren Achsen einnehmen, von wesentlicher Bedeutung. Die
Blüten eines grossen Teiles der Arten von Campanula sind immer
oder wenigstens während der Tagesstunden mit ihrer Mündung nach
oben gewendet, während ein anderer Teil der Gattung mehr oder
weniger gestürzte Blüten zeigt.
Unter den ersteren befinden sich zunächst einige Arten, welche
durch die radförmige oder flach beckenförmige Gestalt ihrer Krone
an Specularia erinnern, und überdies noch darin eine auffallende
Abweichung von der typischen Campanula-Blüte an sich tragen, dass
die Krone etwa bis zu zwei Dritteln ihrer Länge, oder darüber, in
Zipfel zerspalten ist. In seiner einfachsten Form wird dieser Blüten-
bau durch die hochalpine C. cenisi@ L. repräsentiert. Bei dieser
Art (Hochgrätli im Avers, 22. 8. 95) stehen die Blüten einzeln auf
dem Ende kurzer, liegender Äste und haben eine aufrechte oder
schräg aufwärts gerichtete Stellung. Die hellblaue (nicht dunkel-
blaue, wie es in den Beschreibungen der Art heisst) Krone hat einen
trichterförmigen Tubus von 4 mm Länge und 10 mm lange, aus-
gebreitete, am Ende nach aussen umgebogene Zipfel; der obere
Durchmesser der Blüte beträgt 15—20 mm. Der hellblaue, 10 mm
lange Griffel steht in der Mitte der Blüte aufrecht und ragt noch
etwas aus dem Blüteneingang hervor, er teilt sich im späteren Blüten-
stadium an seiner Spitze in drei (bisweilen vier) hellgelbe Narben-
äste. Die auf dem Fruchtknoten ausgeschiedenen Nektartröpfchen
werden von den verbreiterten bläulichweissen Filamentbasen, welche
an den Rändern mit Zottenhaaren besetzt sind, völlig verdeckt.
Spontane Selbstbestäubung findet in den Blüten nicht statt, da die
Narbenäste auch zuletzt nur bogig auseinanderklaffen, sich aber nicht
nach hinten zurückrollen.
Nach der Stellung der Blüten und der Gestalt der Krone
schliessen sich an C. cenisia die nicht näher untersuchten Arten
C. garganica Tex. C. Elatines L. und C. elatinoides MorerTt an, bei
denen jedoch die Blüten traubig angeordnet sind. Bei allen diesen
Arten steht der Griffel aus der radförmig ausgebreiteten Krone her-
vor, bietet deshalb zwar für anfliegende Insekten einen bequemen
Landeplatz, ist aber von der Innenfläche der Krone so weit entfernt,
dass auf dem Kronsaume auffliegende Insekten sehr wohl zum Ge-
nusse des Nektars gelangen können, ohne mit den Geschlechts-
organen in Berührung zu kommen. Soweit sich an Herbar-Exem-
plaren erkennen lässt, rollen sich auch bei den genannten Arten die