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von der Länge der Krone, der mit Sammelhaaren und Pollen besetzt
ist, mit den verschrumpften Staubblättern, deren Basen die nektar-
absondernde Fläche auf dem Fruchtknoten überdecken, zunächst gar
nicht den Eindruck, als hätten sie hinsichtlich ihrer Blüteneinrichtung
etwas Besonderes aufzuweisen. Dennoch zeigte WARMING, dass jede
Blüte, bevor sie sich öffnet und die geschilderte Structur annimmt,
einen kleistogamen Zustand durchmacht, indem in der Knospe nicht
nur die Antheren in der gewöhnlichen Weise ihren Pollen entlassen,
sondern auch die Narbenäste sich vollständig ausbreiten, geschlechts-
reif sind und Pollen von der eigenen Blüte aufnehmen. WARMING
ist geneigt, diesen bis jetzt einzig dastehenden Fall, dass eine
kleistogame Blüte nachträglich chasmogam wird, und nach ein-
getretener spontaner Selbstbestäubung noch Fremdbestäubung ermög-
licht, als eine Anpassung an das rauhe Klima und die Insektenarmut
des hohen Nordens aufzufassen. Eine erneute Untersuchung dieses
eigenartigen Verhaltens an lebenden Exemplaren in Grönland oder
Norwegen wäre, da WArMInG seine Beobachtungen zum Teil an kon-
serviertem Material gemacht hat, von grossem Wert.
Unter den armblütigen Arten nehmen diejenigen eine besondere
Stellung ein, welche gabelig verzweigte Stengel und zwischen den Gabel-
ästen einzelne, sitzende oder kurz gestielte Blüten haben. Als Bei-
spiel für sie kann CU. Erinus L. gelten (Hohenheim, botan. Garten,
7. 7. 92). Ihre Blüten sind von geringer Grösse und sitzen zwischen
den Gabelästen des Stengels, die blattähnlichen Kelchzipfel sind so
lang wie die Krone, diese hat eine walzenförmige Gestalt mit er-
weitertem Grunde, eine Länge von 6—7 mm bei einer Weite von
3 mm und eine bläulichweisse Farbe mit hellblauem Saume. Die
fünf (bisweilen nur vier) Kronzipfel sind 2 mm lang und breiten sich
etwas aus, so dass der obere Durchmesser der Blüte etwa 5 mm
beträgt. Da der Griffel eine Länge von 4 mm hat, so breiten sich
seine drei Narbenschenkel in der Höhe des Blüteneinganges aus. Das
Verstäuben der hellgelben Antheren und die Absonderung und Bergung
des Nektars bieten keine Abweichung von der Regel. Spontane
Selbstbestäubung scheint trotz der Kleinheit der Blüten, die von
Honigbienen besucht wurden, nicht stattzufinden.
Ähnlich wie bei C. Erinus dürfte nach den vorliegenden Be-
schreibungen und nach Herbar-Exemplaren die Blüteneinrichtung von
C. drabifolia Sızıa. mit grösserer, bis 15 mm langer Krone, glockiger
weisslicher Kronröhre und blauem behaarten Saume, U. cashmiriana
RoyLe mit aufrechter blauer glockiger Krone, C. lbanotica DC. mit