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Richtung. Der Zug ging von einer Brunnenstube und einer Unter-
dohlung der Strasse aus. Alle Tiere waren wohlgenährt, dunkelrot-
braun gefärbt und durchschnittlich sehr gross. Es ist leicht möglich,
dass auch hier durch Menschenhand die Niveauverhältnisse im Graben
verändert worden waren und die Krebse hierdurch zur Wanderung,
welche weit zu verfolgen war, gezwungen wurden.
Ein Gegenstück zu dem ebenerwähnten Fall habe ich in meinem
Tagebuch aus Algerien aufgezeichnet. Am 11. Juni 1894 traf ich
morgens an der Südgrenze des Städtchens Perrögaux (Dep. Oran)
auf einige Gruppen halberwachsener Landasseln (Isopoden), Porcellio
Wagneri Brent. nach einer vorläufigen Bestimmung‘. Zwischen 10
und 11 Uhr vormittags aber bewegten sich Millionen dieser Tiere
im grellsten Sonnenschein über die Felder und über die neben
trockenen oder wasserführenden Gräben aufgeworfenen Dämme. Die
ganze Wanderung vollzog sich vorwiegend in der Richtung nach
Süden in grosser Eile. Je nach dem Terrain wurden einzelne Züge
genötigt, von der Richtung abzugehen, strebten derselben aber immer
wieder zu. So weit ich sehen und dem Zug entgegendringen konnte,
schien der ganze Boden lebendig geworden zu sein; stellenweise war
es unmöglich, den Fuss aufzusetzen, ohne einen Massenmord zu be-
gehen, so dicht gedrängt zogen die Tiere. Eine wesentliche Rolle
schienen bei der Wanderung die Fühler zu spielen, dieselben wurden
ganz auffallend lebhaft, beinahe vibrierend bewegt, jedenfalls viel
lebhafter als beim gewöhnlichen Marschieren.
Porcellio Wagneri ist im Küstengebiet Orans nicht selten ; bei-
nahe unter jedem grösseren Stein, der auf pflanzenbestandenem Boden
liegt, findet man Ende April bis Ende Mai die etwa 2 cm langen
Weibchen mit ihrer zahlreichen, anfangs weissen, später leicht braun
pigmentierten Nachkommenschaft inmitten eines niedlichen Nestes.
Dasselbe hat etwa 5—7 cm Durchmesser, sein Boden besteht aus
einer Schichte von trockenen Blütenblättern, die Seitenwände stellen
einen 2—3 cm hohen Ringwall aus demselben Material dar. Die
Blütenblätter stammten vorwiegend von einer Ringelblume, einer Art
Salvia und Pyrethrum; ihre Farbe war ganz erhalten. Manche dieser
Blumen waren 8—10 Schritte vom Neste entfernt und nur die zärt-
liche Fürsorge für ihre Jungen und ein unverdrossener Eifer mögen
es der Mutter erleichtert haben, das oft schwer beizuschaffende
Blütenmaterial zusammenzutragen. In einigen Fällen konnte ich leicht
* Vergl. Lucas, Exploration de l’Algerie. Zoologie. Tome IV. Pl. VI.