— LXXIV —
führten v. MÜLLER auf vielfachen Reisen ins Innere der Kolonie, bei
welcher Gelegenheit er unter anderem die erste Aufnahme der
australischen Alpen vornahm, und in den Jahren 1855—56 machte
er die grosse Vermessungsreise GREGORY'Ss von der Ost- nach der
Westküste mit. Nach deren Beendigung nach Melbourne zurück-
gekehrt, übernahm er die Anlage des zoologischen und botanischen
Gartens, dessen Direktor er wurde und den er in wenigen Jahren
zu einer hohen Blüte brachte. Nach der Gründung der Universität
wurde ihm auch hierin ein Platz eingeräumt.
Rasch wuchs sein wissenschaftliches Ansehen und seine Be-
deutung. Das ganze naturwissenschaftliche Leben Australiens und
besonders der Kolonie Victoria ist seit den letzten vierzig Jahren eng
mit dem Namen FERDINAND v. MÖLLER verknüpft. Bei zahlreichen
wissenschaftlichen Gesellschaften seines Adoptivvaterlandes als hervor-
ragendes Mitglied thätig, zum Teil an ihre Spitze gestellt, so von
der Geographical Society in Victoria, gewann v. MüLLER einen grossen
Einfluss in allen naturwissenschaftlichen Bewegungen.
Nach zwei Richtungen war v. MÜLLER mit grosser Energie
thätig, als Botaniker und als Geograph. Mehr als 2000 australische
Pflanzen hat er als neue Arten bekannt gemacht. Von seinen zahl-
reichen botanischen Publikationen sei in erster Linie seiner. Mono-
graphien der Zucalyptus-Arten, der Eucalyptographia gedacht, in
welcher sämtliche Eucalyptus-Arten beschrieben und auf 100 Tafeln
abgebildet sind. v. MÖLLER war es auch, der zum ersten Male auf
die Eigenschaften des HKucalyptus hinwies, welche ihn seitdem als
Malaria-Schutz bekannt gemacht und seine Anpflanzung in vielen
Malaria-Gegenden, besonders den Mittelmeerländern veranlasst haben.
Der Kucalyptus war entschieden v. MüLLErR’s Lieblingspflanze; als er
bei seiner Erhebung in den Freiherrnstand für die Schaffung eines
Wappens einen Wunsch zu äussern hatte, wählte er Zucalyptus-
Zweige.
Die weiteren botanischen Werke v. MüöLLER’s, welche der Euca-
lyptographie teils vorausgingen, teils folgten, wie „Flora of Victoria“,
„Fragmenta Phytographiae Australiae“, „A Systematic Census of
Australian Plants“, sind ein rühmendes Denkmal der wissenschaft-
lichen Thätigkeit v. MüLLER’s.
Als Geograph war v. MüLLER weniger publizistisch als, wenn
ich so sagen darf, agitatorisch thätig. Rastlos bestrebt war er be-
sonders, den Schleier zu lüften, der heute noch über dem Ende der
unglücklichen Expedition von Dr. LEICHHARDT liegt. Immer und immer