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ein klimatischer Faktor erkannt worden war, freilich zunächst nur
auf Grundlage einer einseitigen Auffassung und Berechnung, so flogen
dieser Hypothese Anhänger von allen Seiten her zu. Was konnte
auch verlockender und bestechender sein als, einerseits der Hinweis
auf die thatsächlichen Eisverhältnisse der südlichen Hemisphäre, die
so lebhaft an die Verhältnisse der Eiszeit auf der nördlichen Halb-
kugel erinnern, und anderseits: der rechnerische Nachweis, dass
gegenwärtig auf der Südhemisphäre das längere Semester auf den
Winter fällt, während das auf den Sommer fallende Semester dort
kürzer ist als auf der nördlichen Halbkugel. Das ist wohl richtig,
aber die Grundlage der Rechnung war eine unvollständige , ein-
seitige und deshalb die Rechnung selbst irrtümlich. Als dann nach-
her die Grundlage allseitig richtig gestellt wurde, ergab sich eine
vollständige Kompensation des Wärmeempfangs beider Halbkugeln
im Laufe des ganzen Jahres. Nunmehr trat aber auch die Ab-
wendung von der ApmtMARr’schen Hypothese ganz deutlich zu Tage,
wie wir oben schon bemerkt haben.
Eine Einsprache gegen die Möglichkeit und Wirklichkeit von
wesentlichen klimatischen Schwankungen während der geologischen
Perioden, die sich zuerst durch die palaeontologischen Forschungen
herausgestellt haben, ist nach dem gegenwärtigen Stand der Physik
und Astrophysik nicht mehr zu befürchten. Das ist ein wertvolles
Ergebnis; ob aber die Verhältnisse nun so liegen, wie Dusors die-
selben auffasst, ob der solare Standpunkt nunmehr ganz in den
Vordergrund trete, der tellurische Standpunkt der Forschungs-
weise aber‘ notwendig in den Hintergrund zu verweisen sei, ist
eine Frage, die damit noch lange nicht gelöst ist.
Es ist fast befremdend, dass von Dvsors nicht bloss der gegen-
wärtige thermische Zustand der Sonne als gewissermassen bekannt
und feststehend vorausgesetzt wird, sondern dass auch der ther-
mische Zustand der weissen und der roten Sonne und ferner,
dass die Koincidenz derselben mit den Klimaten der geologischen
Perioden sozusagen selbstverständlich sei. Welche enormen Schwierig-
keiten aber bestehen, um nur der Erkenntnis des gegenwärtigen
Temperaturzustands der Sonne etwas näher zu rücken, darüber ver-
weisen wir auf eine interessante Abhandlung von ScHEINER in der
Zeitschrift: Himmel und Erde, Jahrgang X S. 433. Dass aber an-
derseits auch die Geologen und Palaeontologen in Abschätzung der
Dauer der geologischen Perioden äusserst unsicher sind, ist bekannt.
Daraus ergiebt sich: die Temperatur der gegenwärtigen Sonne ist
Jahreshefte d, Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1899, 4
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