Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 57, 1901)

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binationen in bestimmten Zahlenverhältnissen, die auf den ersten Blick 
etwas ‚„Mystisches‘‘ haben, aber durch die Wahrscheinlichkeitsrechnung 
aus den angenommenen Prämissen abgeleitet werden können, umgekehrt 
also diese Prämissen sehr wahrscheinlich machen. MEnxDEL hat das bei 
seinen Erbsenbastarden zuerst gezeigt und der Vortragende führte es 
an einem Beispiel näher aus. Dann wurde auf einige weitere, aus den 
Prämissen abgeleitete, durch das Experiment bestätigte Konsequenzen 
hingewiesen. Während aber DE Vrıss annimmt, dass bei jedem, zwei 
Rassen oder Arten charakterisierenden Merkmalspaar das eine Merkmal 
ein dominierendes, das andere ein recessives sei, und dass die MENDEL’sSche 
Spaltungsregel ganz allgemein gelte, wies der Vortragende zum Schluss 
darauf hin, dass nach seinen Beobachtungen beides nicht einmal bei 
den Erbsen für alle Merkmalspaare gelte, z. B. nicht für die Farbe 
der Samenschale, und dass MEnDEL selbst hierin vorsichtiger war. 
(Correns.) 
Hiernach folgte ein Vortrag von Prof. Grützner (Tübingen) 
über „den Kreislauf der Fische‘. Wenn beim menschlichen Blut- 
kreislauf die rechte Herzhälfte das Blut ausser durch die Lungen auch 
noch durch den ganzen Körper treiben müsste, so wäre der erforder- 
liche Druck ein so grosser, dass die zarten Kapillaren der Lunge ge- 
sprengt werden müssten; hier tritt eben als treibende Kraft für den 
Körperkreislauf die linke Herzhälfte ein, die das in den Lungen ge- 
reinigte Blut weiter umtreibt. Bei den Fischen jedoch ist nur eine 
Herzabteilung für den Kreislauf vorhanden: sie pumpt das Blut zu- 
nächst in die feinen Gefässnetze der Kiemen; die Frage ist, ob sie 
dabei eine solche Kraft entwickelt, dass der Blutstrom durch den Körper 
bis in das Herz zurückgetrieben wird? Das scheint von vornherein 
wenig wahrscheinlich, wegen der geringen Grösse des Herzens; es wiegt 
nur !/9o0 des Körpergewichts, während es beim Menschen !/zı7, beim 
Frosch */zso wiegt. Die Beobachtung zeigt nun an der grossen Körper- 
schlagader, in die das Blut aus den Kiemen strömt, keinen Puls, auch 
ist der Druck in den Arterien so gering, dass beim Anschneiden der 
Aorta das Blut ganz ohne Bogen ausströmt, während es bei Säuge- 
tieren aus angeschnittenen Arterien hoch aufspritzt. Vier Fünftel der 
Herzkraft werden verbraucht, um das Blut durch die Kiemen zu treiben. 
Seltsamerweise aber beobachtet man in den Venen des Schwanzes ein 
Pulsieren und zwar in doppelter Form: geringe Pulse, einige sechzig 
in der Minute, entsprechend den Atembewegungen, und auf je vier von 
diesen einen starken Puls, entsprechend dem Herzschlag. Durch Druck 
von seiten des Herzens kann dieser Puls nicht entstehen, denn in der 
Aorta, die dem Herzen näher liegt, fehlt er; er entsteht durch ein An- 
saugen des Blutes von seiten des Herzens. Dieses ist nämlich von 
einer festen Herzkapsel umgeben; wenn das Herz sich zusammenzieht, 
um das Blut in die Kiemen zu treiben, würde zwischen ihm und der 
Herzkapsel ein luftleerer Raum entstehen: dadurch wird ein Einströmen 
des Blutes aus dem Körper in das Herz verursacht. Ausserdem wirken 
alle Bewegungen des Fisches fördernd auf den Blutkreislauf, wie ja die 
Atembewegungen in den Venen des Schwanzes: einen Puls veranlassen.
	        

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