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Rhyncholithen im württembergischen Jura.
Von Ph. Roman in Tübingen.
Im Juli dieses Jalres (1849) fand ich bei Dusslingen, wo die Stein-
lach hinter den südlichsten Häusern dieses Orts die untern Liaskalke so
schön blosslegt, in der untern Pentacrinthenbank von Lias « (man kann
hier zwei Pentacrinthenbänke, jede von 2—4 Zoll Mächtigkeit, unter-
scheiden, von denen die untere hauptsächlich Hilfsarme, die obere aber
Pentacrinthenstiele, oft sehr zierlich verkiest, enthält, zwischen beiden
liegen 2-3 Fuss mächtige bröckliche Kalke) einen Rhyncholithen, den
ersten, der in unserem Lias wohl gefunden wurde, Er ist etwa % Zoll
lang und hat ganz den Typus, den die Rhyncholithen des Jura, wie sie
bei Quenstedt Tab. 34 abgebildet sind, zeigen, Am meisten nähert
er sich dem Rh, giganteus und dem Rh. aculus, Die schnabelförmige
Kaputze ist compact, wie bei Rh, giganteus, der hintere freie Theil der
Kaputze aber, der bei D’Orbigny’s Exemplar (Quenstedt Tab. 32, 2)
abgebrochen ist, ist hier, wie in der Regel bei Rh, acutus Tab. 34, 19,
b u, c,, auf die platte Firste herabgedrückt. Ueber die Kaufläche kann
ich nichts angeben, da es sehr schwer fallen würde, die Basis des
Rhyncholithen aus dem mürben Gestein herauszuarbeiten,
Würde sich in dieser Bank der Nautilus aratus finden, so wäre die
Vermuthung, dass er diesem angehören würde, wohl gerechtfertigt. Nach
der Analogie des lebenden Nautilus Pompilius liesse er auf einen Nautilus
von 3%,—1 Zoll Durchmesser schliessen, was die mittlere Grösse dieses
Nautilus ist. Indessen findet sich Rhyncholithes avirostris, der dem Nau-
tilus bidorsatus angehört (Quenst, Petref. pag. 545), nicht in den glei-
chen Bänken mit diesem zusammen, sondern stets höher als dieser, und
eine gewisse Aehnlichkeit zwischen dem Rh, avirostris und dem Rh. aus
Lias « ist, wenn auch hier die Firste nicht gekerbt ist, nicht zu verkennen.
Man könnte sich somit, wenn man die Rhyncholithen überhaupt als
Nautilusschnäbel ansieht, über das ungleiche Vorkommen der Rhyncho-
lithen und der Nautileen leicht wegsetzen, Nimmt man aber mit Buck-
land an, dass die Rhyncholithen, wie dies mit denen von Lyme-Regis
(Quenst, pag. 584) der Fall sein kann, Belemnitenschnäbel sind, so
würde man auch leicht versucht sein. können, dies bei diesem Rhyncho-
Jithen zu glauben, denn in diesen Pentacrinthenbänken findet sich ausser
Belemnites brevis, der hier sehr häufig ist, kein Rest eines Cephalopoden.
Den Rh, giganteus müsste man zu Belemnites giganteus (in dessen Thonen
der Nautilus giganteus bei uns vorkommt) und eben dahin auch den zweiten
Rhyncholithen von D’Orbigny (D’Orb. terr, jur. 39, 3) stellen. Hat
man aber auch alle diese Rhyncholithen auf diese Weise untergebracht,
was soll dann aus den Rhyncholithen des Muschelkalks werden, die man
keinen Belemniten zuschreiben kann?