Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 62, 1906)

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der Kulturflächen mit ehemaligem steppenartigem Pflanzenwuchs er- 
kennen läßt. i 
Als Zeit, in der die geforderten klimatischen Verhältnisse in 
Mitteleuropa geherrscht haben, kann nur die Zeit nach dem Maximum 
der letzten Vergletscherung in Frage kommen, und zwar hat Redner 
früher die Ansicht vertreten, daß sie zusammenfalle mit der bis vor 
kurzem allein nachgewiesenen Steppenzeit, aus der uns die am Schweizers- 
bild und im Keßlerloch bei Schaffhausen zusammen mit Artefakten des 
paläolithischen Menschen gefundenen Reste von Steppentieren erhalten 
sind. Neuere Untersuchungen haben jedoch gelehrt, daß die Klima- 
schwankung, der die Steppenfauna von Schaffhausen angehört, nicht die 
einzige ist, die seit dem Maximum der letzten Vergletscherung ein- 
getreten ist. Ja, auch für die postglaziale Zeit im engeren Sinn haben 
sich mehrfache Schwankungen zwischen kühlerem bezw. feuchterem und 
wärmerem bezw. trockenerem Klima nachweisen lassen. Insbesondere 
haben die Untersuchungen von GUNNAR ANDERSSON über die Geschichte 
der Vegetation Schwedens ergeben, daß in Skandinavien auf die Dryas- 
Flora der Glazialzeit, meist zunächst durch die Birke vermittelt, die 
Kiefer und dann die Eiche als herrschender Waldbaum gefolgt ist, 
welch letztere erst sehr spät im Südwesten durch die Buche, im Norden 
durch die Fichte verdrängt wurde. Diese Entwicklung läßt auf eine 
stetige Erwärmung vom Ausgang der Glazialzeit bis zur Eichenperiode 
schließen, und zwar hat ANDERSSON aus dem Umstand, daß eine Reihe 
von Pflanzen, namentlich der Haselstrauch, die Eiche, Linde, Ulme, 
Schwarzerle, Wassernuß und andere ehemals eine weit größere, für die 
Haselnuß genau festgestellte Verbreitung nach Norden besessen haben, 
eine Erhöhung der Jahrestemperatur um 2° C,, der Sommertemperatur 
um. 2,4° gegen heute berechnet. Anderseits hat REcKsrAD aus der 
früheren höheren Lage der Kieferngrenze und Schneelinie in Norwegen 
eine Temperaturabnahme von 1,9—2,2° C. im Jahresmittel berechnet. 
In die Zeit des Beginns der nordischen Eichenperiode fällt aber, wie aus 
der Lage der ältesten Funde von Kulturgeräten zu schliessen ist, die Ein- 
wanderung des neolithischen Menschen im südlichen Skandinavien, und 
die Möglichkeit derselben läßt sich am leichtesten durch die Annahme 
HANnsEn’s erklären, daß Hand in Hand mit der Wärmesteigerung eine 
größere Ausbreitung der steppenverwandten Origanum-Flora auf Kosten 
des geschlossenen Urwalds habe gehen müssen, wodurch die Ansiedlung 
der primitiven Bevölkerung wesentlich erleichtert worden sei. Redner 
führt nun eine Reihe von Zeugnissen dafür an, die es wahrscheinlich 
machen, daß dieselbe klimatische Entwicklung, wie sie sich in Skandi- 
navien abgespielt hat, auch in Mitteleuropa stattgefunden hat, daß auch 
hier in postglazialer Zeit noch eine trocken-warme Periode 
yeherrscht hat, die den zahlreichen pflanzlichen und tierischen 
Relikten von xerothermem Charakter endgültig ihre heutigen Plätze an- 
gewiesen hat. (Eine ausführliche Darstellung des Gegenstands gibt der 
Vortragende unter dem Titel „Beziehungen zwischen Pflanzengeographie 
und Siedlungsgeschichte“ in Hertrwer’s „Geographische Zeitschrift“ 
12, Jahrg. 1906.) E.
	        
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