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der Kulturflächen mit ehemaligem steppenartigem Pflanzenwuchs er-
kennen läßt. i
Als Zeit, in der die geforderten klimatischen Verhältnisse in
Mitteleuropa geherrscht haben, kann nur die Zeit nach dem Maximum
der letzten Vergletscherung in Frage kommen, und zwar hat Redner
früher die Ansicht vertreten, daß sie zusammenfalle mit der bis vor
kurzem allein nachgewiesenen Steppenzeit, aus der uns die am Schweizers-
bild und im Keßlerloch bei Schaffhausen zusammen mit Artefakten des
paläolithischen Menschen gefundenen Reste von Steppentieren erhalten
sind. Neuere Untersuchungen haben jedoch gelehrt, daß die Klima-
schwankung, der die Steppenfauna von Schaffhausen angehört, nicht die
einzige ist, die seit dem Maximum der letzten Vergletscherung ein-
getreten ist. Ja, auch für die postglaziale Zeit im engeren Sinn haben
sich mehrfache Schwankungen zwischen kühlerem bezw. feuchterem und
wärmerem bezw. trockenerem Klima nachweisen lassen. Insbesondere
haben die Untersuchungen von GUNNAR ANDERSSON über die Geschichte
der Vegetation Schwedens ergeben, daß in Skandinavien auf die Dryas-
Flora der Glazialzeit, meist zunächst durch die Birke vermittelt, die
Kiefer und dann die Eiche als herrschender Waldbaum gefolgt ist,
welch letztere erst sehr spät im Südwesten durch die Buche, im Norden
durch die Fichte verdrängt wurde. Diese Entwicklung läßt auf eine
stetige Erwärmung vom Ausgang der Glazialzeit bis zur Eichenperiode
schließen, und zwar hat ANDERSSON aus dem Umstand, daß eine Reihe
von Pflanzen, namentlich der Haselstrauch, die Eiche, Linde, Ulme,
Schwarzerle, Wassernuß und andere ehemals eine weit größere, für die
Haselnuß genau festgestellte Verbreitung nach Norden besessen haben,
eine Erhöhung der Jahrestemperatur um 2° C,, der Sommertemperatur
um. 2,4° gegen heute berechnet. Anderseits hat REcKsrAD aus der
früheren höheren Lage der Kieferngrenze und Schneelinie in Norwegen
eine Temperaturabnahme von 1,9—2,2° C. im Jahresmittel berechnet.
In die Zeit des Beginns der nordischen Eichenperiode fällt aber, wie aus
der Lage der ältesten Funde von Kulturgeräten zu schliessen ist, die Ein-
wanderung des neolithischen Menschen im südlichen Skandinavien, und
die Möglichkeit derselben läßt sich am leichtesten durch die Annahme
HANnsEn’s erklären, daß Hand in Hand mit der Wärmesteigerung eine
größere Ausbreitung der steppenverwandten Origanum-Flora auf Kosten
des geschlossenen Urwalds habe gehen müssen, wodurch die Ansiedlung
der primitiven Bevölkerung wesentlich erleichtert worden sei. Redner
führt nun eine Reihe von Zeugnissen dafür an, die es wahrscheinlich
machen, daß dieselbe klimatische Entwicklung, wie sie sich in Skandi-
navien abgespielt hat, auch in Mitteleuropa stattgefunden hat, daß auch
hier in postglazialer Zeit noch eine trocken-warme Periode
yeherrscht hat, die den zahlreichen pflanzlichen und tierischen
Relikten von xerothermem Charakter endgültig ihre heutigen Plätze an-
gewiesen hat. (Eine ausführliche Darstellung des Gegenstands gibt der
Vortragende unter dem Titel „Beziehungen zwischen Pflanzengeographie
und Siedlungsgeschichte“ in Hertrwer’s „Geographische Zeitschrift“
12, Jahrg. 1906.) E.