Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 62, 1906)

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wurde nun unter dem Namen Cytisus Adami eine eigenartige Zwischen- 
form zwischen unserem gewöhnlichen Goldregen (Cytisus Laburnum) ünd 
dem rotblühenden Cytisus purpureus in den Handel gebracht. Dieser 
C. Adami, welcher im ganzen Habitus unserem Goldregen gleicht, aber 
rote Blüten trägt, soll bei einer Pfropfung von C. mpurpureus auf 
C. Laburnum an der Pfropfungsfläche. entstanden und durch Ableger 
vermehrt worden sein. Dieser bisher als Unikum dastehende Fall, wo 
eine Mischung der Eigenschaften des Pfropfreises mit denjenigen der 
Unterlage beschrieben worden war, wurde jedoch stark angezweifelt, da 
es nicht ganz ausgeschlossen war, daß bei jener Pfropfung ein Auge 
eines Sexualbastards von C. purpureus und €. Laburnum verwendet 
worden war. Im Jahre 1899 wurde nun aus einem Garten in Bron- 
veaux bei Metz ein neuer derartiger „Pfropfbastard“ bekannt. Es 
sollen bei der Pfropfung eines Mispelzweiges auf einen Crataegus mono- 
gyna an der Pfropfungsstelle drei Zweige aufgetreten sein, die alle drei 
intermediäre Eigenschaften zwischen Mispel und Crataegus zeigten, dabei 
aber untereinander selbst verschieden waren. Der erste Zweig glich 
mehr Crataegus (Dornen, gelappte Blätter, kleine in Gruppen vereinigte 
Blüten), ‚war aber behaart wie die Mispel, sie wurde als forma Asnieresi 
(oder „crataegoides“) bezeichnet. Der zweite Zweig zeigte mehr Ähn- 
lichkeit mit der Mispel (ganzrandige Blätter, filzige Behaarung), aber 
besaß Dornen, er erhielt den Namen forma Dardari (oder „mespiloides“ ). 
Der dritte Zweig (forma jowini) ähnelte zunächst Crataegus, wurde. aber 
dann der forma Asmieresi ähnlich. Diese drei verschiedenen Formen, 
von denen die beiden ersten durch Ableger vermehrt wurden, zeigten 
keine Übereinstimmung mit den durch Sexualität gewonnenen Bastarden 
von Mispel und Crataegus. Ihre Entstehung kann man sich vielleicht 
so erklären, daß bei der Pfropfung an den Schnittflächen der Unter- 
lage (Crataegus) und des Pfropfreises (Mispel) einige Zellen verletzt 
wurden, so daß an der Berührungsstelle beider Pflanzen der Zellinhalt 
einer Mispelzelle mit demjenigen einer Crataegus-Zelle verschmelzen 
konnte. Ein derartiges Verschmelzungsprodukt konnte dann den Aus- 
gangspunkt für die erwähnten Pfropfbastarde bilden. Auch bei den 
Pfropfbastarden von Bronveaux ist jedoch die Möglichkeit, daß das auf- 
gepfropfte Mispelreis von einem Sexualbastarde zwischen Mispel und 
Crataegus stammt, nicht ganz ausgeschlossen. Redner stellte die zur 
Demonstration vorgelegten lebenden Zweige von Ablegern der erwähnten 
Pfropfbastarde den Sammlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in 
Reutlingen zur Verfügung. 
Herr Prof. Dr. Hesse-Tübingen sprach über „Augen mit gleich- 
zeitigem Nahe- und Fernsehen“. Ähnlich, wie der Photograph den 
Abstand der Linse von der Mattscheibe verändert, je nachdem er ein 
scharfes Bild von nahen oder entfernten Gegenständen erhalten will, 
zeigen sich auch im Auge vieler Tiere (Tintenfische, Fische, einige 
Amphibien , Schlangen) Vorrichtungen zur Veränderung des Abstandes 
der Linse von der Bild-perzipierenden Netzhaut. Eine derartige Vor- 
richtung zum Einstellen des Auges auf nahe und ferne Gegenstände 
nennen wir Akkommodation, die sich auch in anderer Weise (bei den
	        

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