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genetischer Apogamie bei den verschiedenen Alchimillen und den
Umstand, daß zweifellos Sexualität das ursprüngliche Verhalten war,
so erscheint es doch als sehr wahrscheinlich, daß Chalazogamie als
Zwischenzustand auftrat. Die Schwierigkeiten, mit welchen dieser
Vorgang verbunden sein muß, konnten zu seinem Aufhören, mög-
licherweise selbst zur Verkümmerung der Pollenbildung infolge Nicht-
gebrauchs führen. Nun zeigen die bekannten Gattungen, bei welchen
bis jetzt Chalazogamie oder Übergang zu diesem Verhalten gefunden
worden ist, das Gemeinsame, daß bei ihnen beträchtliche Reduktion
der Blütenteile stattgefunden hat. Diese Gattungen hängen phylo-
genetisch nicht unmittelbar zusammen; sie bilden offenbar keine ge-
schlossene systematische Gruppe, sondern gehören verschiedenen
weiteren Verwandtschaftskreisen an. Daß sich sowohl Chalazogamie
als äußerer morphologischer Defekt bei ihnen eingestellt hat, kann
nicht wohl bloßer Zufall sein, mag man nun an eine Korrelation
oder an irgendwelchen andern Zusammenhang denken. Gerade die
Alchimillen aber, deren Phylogenetischer Abstand von jenen andern
Gattungen wohl zweifellos ist, reihen sich hier als besonders lehr-
reiches Glied an; sie sind neben einigen exotischen Gattungen wie
Margyricarpus, Acaena, über deren Befruchtungsvorgänge nichts
bekannt ist, dasjenige Rosaceengeschlecht, dessen Blütenteile gegen-
über den andern Gattungen dieses Verwandtschaftskreises die weit-
gehendsten morphologischen Reduktionen erfahren haben, wie kaum
näher ausgeführt zu werden braucht. Apetalie, Tetramerie der
äußeren Blütencyklen, Oligomerie des Androeceum und Gynäceum
kombinieren sich bei ihnen in bekannter Weise zu einem Gesamt-
bild, das in dieser extremen Ausprägung bei den andern Gliedern
der Familie ohne Beispiel ist. Ob der Formenreichtum der Alchi-
millen sich auf dem Weg der Mutation herausgebildet hat, wird sich
ebensowenig mit Sicherheit entscheiden lassen, wie die Frage, ob
der tiefgehende Unterschied zwischen Mutations- und Variations-
vorgängen besteht, den manche anzunehmen geneigt sind, um so
mehr, als das Maß der Abänderung in dieser Beziehung kein Unter-
scheidungsmerkmal abgeben kann. Gerade bei den Alchimillen
müßten die Abänderungsschritte der Mutanten öfters recht klein
ausgefallen sein.
Daß aber auch manche Formen unserer Gattung auf dem Weg
der Bastardierung entstanden seien, wird ja gewiß mit Grund .an-
genommen; und zwar können als Stammsippen solcher Formen nicht
bloß solche Arten funktioniert haben, welche sich in geschlechtlicher