319
grund, Flußaltwasser mit teils etwas kiesigem oder sandigem, teils
sehr schlammigem Boden, stille Buchten und topfartige Bassins in
ruhig dahinfließenden Flüssen und Bächen, endlich aber auch in der
Ufernähe größerer Seen sich finden, alles Orte, an welche sie durch
ihre parasitäre Wanderung als Larven in den Schuppen von Fischen
gelangen und vice versa hin und her verschleppt werden, bevor-
zugen die Unionen vor allem die fließenden Gewässer und finden
sich, außer in diesen, fast nur noch an den Ufern größerer Seen,
so besonders in den voralpinen bayrischen Gebirgsseen, in welchen
der Wellenschlag den Charakter und die mechanischen Wirkungen
des fließenden Wassers mindestens bis zu einem erheblichen Grade
ersetzt.
Das Vorkommen von verschiedenen Arten unserer Unionen in
Flußaltwassern halte ich indessen noch mehr als dasjenige in größeren
Seen für ein akzidentelles , indem sie wohl durch Hochwasser aus
dem eigentlichen Flußbett dorthin verschwemmt werden und möchte
diese Ansicht damit begründen, daß wir bei diesen Altwasser-
bewohnern charakteristische Veränderungen beobachten können. KEin-
mal leidet die Farbe des Periostrakums, indem das meist lebhafte
Grün einem schmutzigen Braungrün oder Graugrün weicht, dann er-
reicht die Muschel zuweilen eine abnorme, fast anodontoide Größe,
erhält überhaupt abweichende Eigenschaften unter meist gleichzeitiger
Verminderung der Schalendicke. Oftmals korrodieren auch die sonst
bei den Unionen fast immer tadellos erhaltenen Wirbel.
Einen weiteren Faktor für die den Anodonten gegenüber kon-
stanteren Formencharaktere der Unionen müssen wir aber besonders
in dem festen und soliden Bau der Schalen selbst erblicken. Für
Mollusken, welche fließende Gewässer bewohnen, ist eine feste Schale
eine fast ebenso unvermeidliche Bedingung, wie wir sie in noch weit
höherem Grade bei den in der Brandungszone lebenden Meeres-
mollusken antreffen, denn es handelt sich in beiden Fällen um eine
mehr oder minder große Widerstandsfähigkeit gegenüber der mecha-
nischen Einwirkung des bewegten Wassers.
Diese Widerstandsfähigkeit erfordert aber ihrerseits wieder den
mechanischen Gesetzen entsprechend ganz bestimmte, Eigenschaften
und so ist es einleuchtend, daß unsere Unionen sich in betreff ihrer
Schalenform nicht in der Art und Weise, wie die Anodonten, alle
möglichen individuellen Besonderheiten erlauben können, die mit
diesen mechanischen Gesetzen in Widerspruch stehen würden, sondern
sich vielmehr in möglichster Einheitlichkeit in ihren Umrissen aus-