Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 66, 1910)

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grund, Flußaltwasser mit teils etwas kiesigem oder sandigem, teils 
sehr schlammigem Boden, stille Buchten und topfartige Bassins in 
ruhig dahinfließenden Flüssen und Bächen, endlich aber auch in der 
Ufernähe größerer Seen sich finden, alles Orte, an welche sie durch 
ihre parasitäre Wanderung als Larven in den Schuppen von Fischen 
gelangen und vice versa hin und her verschleppt werden, bevor- 
zugen die Unionen vor allem die fließenden Gewässer und finden 
sich, außer in diesen, fast nur noch an den Ufern größerer Seen, 
so besonders in den voralpinen bayrischen Gebirgsseen, in welchen 
der Wellenschlag den Charakter und die mechanischen Wirkungen 
des fließenden Wassers mindestens bis zu einem erheblichen Grade 
ersetzt. 
Das Vorkommen von verschiedenen Arten unserer Unionen in 
Flußaltwassern halte ich indessen noch mehr als dasjenige in größeren 
Seen für ein akzidentelles , indem sie wohl durch Hochwasser aus 
dem eigentlichen Flußbett dorthin verschwemmt werden und möchte 
diese Ansicht damit begründen, daß wir bei diesen Altwasser- 
bewohnern charakteristische Veränderungen beobachten können. KEin- 
mal leidet die Farbe des Periostrakums, indem das meist lebhafte 
Grün einem schmutzigen Braungrün oder Graugrün weicht, dann er- 
reicht die Muschel zuweilen eine abnorme, fast anodontoide Größe, 
erhält überhaupt abweichende Eigenschaften unter meist gleichzeitiger 
Verminderung der Schalendicke. Oftmals korrodieren auch die sonst 
bei den Unionen fast immer tadellos erhaltenen Wirbel. 
Einen weiteren Faktor für die den Anodonten gegenüber kon- 
stanteren Formencharaktere der Unionen müssen wir aber besonders 
in dem festen und soliden Bau der Schalen selbst erblicken. Für 
Mollusken, welche fließende Gewässer bewohnen, ist eine feste Schale 
eine fast ebenso unvermeidliche Bedingung, wie wir sie in noch weit 
höherem Grade bei den in der Brandungszone lebenden Meeres- 
mollusken antreffen, denn es handelt sich in beiden Fällen um eine 
mehr oder minder große Widerstandsfähigkeit gegenüber der mecha- 
nischen Einwirkung des bewegten Wassers. 
Diese Widerstandsfähigkeit erfordert aber ihrerseits wieder den 
mechanischen Gesetzen entsprechend ganz bestimmte, Eigenschaften 
und so ist es einleuchtend, daß unsere Unionen sich in betreff ihrer 
Schalenform nicht in der Art und Weise, wie die Anodonten, alle 
möglichen individuellen Besonderheiten erlauben können, die mit 
diesen mechanischen Gesetzen in Widerspruch stehen würden, sondern 
sich vielmehr in möglichster Einheitlichkeit in ihren Umrissen aus-
	        
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