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ausdrücklich, daß „wenigstens dreimal, höchstwahrscheinlich
aber viermal eine Eisdecke Norddeutschland zum Teil bis zum
Rande der Mittelgebirge überkleidet hat, und daß zwischen diesen
vier Eisbedeckungen sich Interglazialzeiten einschieben, deren jede
mit arktischen Verhältnissen begann und durch ein wärmeres Klima
hindurch wieder zu solchen zurückkehrte.“
KumnacK stellt dann auch ausdrücklich, was für die uns vor-
liegende Frage von besonderem Interesse ist, die vor einigen Jahren
von Wizezrs beschriebenen! und der Jetzten und vorletzten Vereisung
zugewiesenen zwei Grundmoränen der Gegend von Neuhaldensleben
und Hundisburg in die nächstälteren Niveaus und bezeichnet das
zwischen ihnen liegende Interglazial mit reichlicher Fauna und
zweifellosen menschlichen Artefakten als vorletztes. In
Übereinstimmung hiemit stellt auch H. MenzeL einige altpaläclithische
Artefaktfunde aus der Provinz Hannover und von Wegeleben bei
Halberstadt, die der Löß überlagert, in das vorletzte Inter-
glazial®.
Als klarer Aufschluß eines größeren Abschnittes des Diluviums,
der sich mit den prähistorischen Fragen in Verbindung bringen läßt,
steht freilich der von Hundisburg bis jetzt allein da. Ich möchte
daher nicht zögern, ein Profil zu veröffentlichen, das ich vor etwa
einem Jahrzehnt in dem prachtvollen Aufschluß der Ilseder Eisen-
steingruben bei Gr. Bülten aufgenommen habe und das eben-
falls prähistorische Spuren erkennen ließ. Es zeigte damals den
fraglichen Abschnitt des Diluviums in lückenloser Folge und deut-
licher Ausbildung und stimmt zu den nahe benachbarten Braun-
schweiger Aufschlüssen aufs beste. Leider ist es, wenigstens in der
damaligen Vollständigkeit, alsbald dem fortschreitenden Abbau wieder
zum Opfer gefallen, wie ich mich einige Jahre später überzeugen
konnte,
Die umstehende Skizze (Fig. 1) zeigt, daß dort in die flach
einfallenden senonen Kreideschichten (So1 und So2) eine Art Klamm
von breiter Wannenform eingeschnitten war, ein Erzeugnis starker,
zunächst wohl den vorhandenen Klüften folgender Schmelzwasser-
ströme des Eisrandes, wie sie an der Peripherie. des diluvialen ‚Rhejn-
gletschers mehrfach in die Abdachung der schwäbischen Juraplatte
ı Diluviale Flußschotter aus der Gegend von Neuhaldensleben. Jahrb. d.
preuß. geol, Landesanstalt für 1905, S. 61.
2 Neue Funde diluvialer Artefakte aus dem nördlichen Deutschland, ihre
Kulturstufe und geologisches Alter, Zeitschr. f. Ethnologie Bd. 41, 1909; S. 508 ff