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des Menschen als leitend für das Alter der einzelnen Abschnitte
benutzt werden können. Leider sind hiefür gerade die leicht kennt-
lichen Leitformen für die westlichen Kulturstufen im moränenführen-
den Norddeutschland augenscheinlich von sehr beschränktem Wert.
Sie sind bisher in dem wohl überhaupt spät besiedelten! und vom
nordischen Eise mehrfach wiedereroberten Grenzland der dichter
und dauernd bewohnten westlichen Kulturgebiete gar nicht oder nur
als große Seltenheiten gefunden worden. An ihrer Stelle scheinen
mit einiger Regelmäßigkeit andere Typen” vorzukommen, ‘die zum
Teil zu den Begleitindustrien des Westens Beziehungen haben.
So darf man hoffen, daß sich die Beziehungen zu den gut be-
kannten, reicheren, an viel besserem Material freier und ungestört
entwickelten Industrien des Westens im älteren Paläolithikum all-
mählich klarer und sicherer enthüllen werden, als sie bisher noch
erscheinen. Für die Beurteilung des Braunschweiger Lagers ist es
jedenfalls von besonderem Interesse, daß Rutor und KorxEn in einem
Bruchteil der dort gefundenen Artefakte paläolithische Typen
erkannten, die bis zur Kulturstufe des Chelleen hinaufweisen.
Immerhin liegt vorläufig wohl noch bei allen Horizontbestim-
mungen im norddeutschen Diluvium der Schwerpunkt, wie vor
allem WiızcErs früher mehrfach betont hat, in den geologischen
Beobachtungen. In seiner neuesten Äußerung betont allerdings ge-
rade Wızezrs schon viel mehr das ergologische Moment‘. WiEGERS
ist als Geologe Anhänger von nur zwei norddeutschen Ver-
eisungen und legt als Archäologe das Auftauchen der menschlichen
Kultur in Norddeutschland in das letzte Interglazial, dem gleicher-
weise Taubach (als Chelleen) und Hundisburg (als jüngeres Acheuleen)
angehören sollen. Er nimmt also in diesen Hauptfragen einen ähn-
lichen Standpunkt ein wie M. BouL:*. Ihnen gegenüber verteilt
A. Pzncg das ältere Paläolithikum auf die beiden letzten Interglaziale
seines alpinen Eiszeitschemas, was zu KEILHACK’S oben erwähnter
Gliederung des Diluviums östlich und westlich der Elbe stimmen
ı Vergl. W. Deecke, Zur Eolithenfrage auf Rügen und Bornholm. Mitt.
nat. Ver. für Neuvorpommern und Rügen, 36. Jahrg. 1905,
? H. Menzel weist (1. c. S. 505) ganz kurz auf Faustkeile von einem
bestimmten Typus hin, die für norddeutsche Diluvialkulturen charakteristisch
seien und auffallenderweise in beiden fraglichen Interglazialen gleichmäßig
vorkommen sollen.
3 Die diluvialen Kulturstätten und ihre Beziehungen zum Alter des Löß.
Prähistorische Zeitschrift I, 1. 1909.
1 8, bes, Observations sur un silex taill& du Jura. L’Anthropologie XIX, p. 9.