Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 66, 1910)

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lich ist einer der schönsten Orchideenfundorte des badischen Landes, 
die Umgebung des Isteinerklotzes, infolge gewaltiger Festungs- 
anlagen für den Naturfreund verloren gegangen, da das ganze Gebiet 
abgesperrt ist. 
Bayern weist einen ähnlichen Reichtum an Orchideen auf wie 
Württemberg, nämlich 48 Arten. Diese hohe Zahl ist bedingt durch 
den Orchideenreichtum der Vorderpfalz und durch das Vorkommen zweier 
Orchideen der Alpen. Außer diesen Arten wurden nach PrAnTtL, Ex- 
kursionsflora von Bayern, bis jetzt etwa ein Dutzend Bastarde und 
ebensoviele Unterarten beobachtet. Bayern hat vor uns Epivactis micro- 
phylla Sw., Nigritella angustifolia Rıca., Chamaeorchis alpina Rıck, voraus, 
letztere fehlt auch Baden, 
Von den in Deutschland vorkommenden Orchideen fehlt den süd- 
deutschen Staaten nur Orchis tridentata Scor. und Gymnadenia 
cucullata RıcH, Erstere, eine der Orchis Rivim GovAn ähnliche Filanze, 
kommt in Mitteldeutschland besonders in Thüringen, letztere nur bei 
Königsberg (Forsthaus Granz in lichtem Kiefernbestand), Neidenberg, 
Bromberg und außerhalb Deutschlands bei Moskau vor. Das südliche 
Deutschland ist weit mehr mit Orchideen gesegnet als der Norden, 
viele unserer Arten gehen über Süd-, die Hälfte über Mitteldeutsch- 
land nicht hinaus. 
Dafür, daß diese überaus schöne, auffallende Pflanzenfamilie, die 
jeden Naturfreund, auch den Nichtbotaniker, ergötzt, überall mehr und 
mehr zurückgeht, mögen Bodenveränderung, Entsumpfung und 
Entwässerung ganzer Riede, Anpflanzung von Koniferen 
auf orchideenreichen Waldwiesen, Kunstdünger, Ausgrabungen 
für Gärtnereien die Hauptursache sein. Die Besorgnis für diese 
Pflanzenfamilie geht schon weit zurück; so schreibt der schon er- 
wähnte verstorbene Oberamtsarzt Dr. Fınckm-Urach, einer der besten 
Kenner der heimischen Pflanzenwelt, im 10. Jahrg. (1854) dies. Jahresh.: 
„es seien viele Orchideen beim Sammeln mit der Wurzel ausgegraben 
worden, und so OÖrchis coriophora, Cypripedium, Ophrydeen u. a. bei- 
nahe ganz aus der Uracher Flora verschwunden; ebenso seien zu 
Zeiten des Herzogs Karl ganze Wagen Ophrydeen nach Hohenheim 
and später nach Tübingen gekommen, obgleich man längst die Er- 
fahrung gemacht habe, daß diese freiheitsliebenden Kinder Floras in 
Gärten nicht gedeihen, sondern nach kurzer Zeit zugrunde gehen. 
Es verstehe sich von selbst, daß eine Menge von Exemplaren auch 
durch die zunehmende Bodenkultur nach und nach verschwinde, und 
mache es einen betrübenden Eindruck, wenn man Ophrydeen oder 
Orchideen in Äckern oder zweimähdigen gedüngten Wiesen fände.‘‘ Im 
Jahre 1872 (im 28, Jahrg. dies. Jahresh.) fügt Fıscxm hinzu, „daß 
um Urach wie überhaupt bei uns durch Forstkultur, durch Düngung 
von Bergwiesen und durch die Sammelwut des Pöbels die Zahl der 
Orchideen außerordentlich gelichtet worden sei, so daß das unschein- 
bare und unauffällige Herminium Monorchis R. Be. unter allen Uracher 
Orchideen die häufigste geworden sei. Wenn auch mit den kultivierten 
Pflanzen eine Menge Unkräuter eingeführt werden, so sei das ein
	        
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