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schlechter Ersatz!“ Wenn auch der Heimatschutz in gewiß löblichem
Bestreben für die Erhaltung dieser prächtigen Pflanzen eintritt, so wird
doch die Zeit kommen, wo wir die selteneren Orchideen im „Natur-
park“ suchen müssen. Größere Schonung könnte von staatlicher Seite
und von Gemeinden orchideentragenden Waldwiesen und Rieden dar-
gebracht werden, am nützlichsten und eingreifendsten wären Erlasse
gesetzlicher Bestimmungen. Daß in früheren Zeiten auch von „Bota-
nikern‘“ gefehlt wurde, soll hier nicht unerwähnt bleiben, spielte ja bis
vor kurzer Zeit der eigentümliche „Knollen‘‘ beim Bestimmen und im
Herbar eine so große Rolle, daß die Orchidee ohne Knollen wenig Wert
hatte und die älteren Herbarien meist nur Exemplare mit den Knollen
besitzen. Doch haben viele Orchideen dadurch Selbstschutz, daß sie
oft jahrelang ganz ausbleiben und man sie an ihrem Standort vergeb-
lich sucht, bis sie in sogen. Orchideenjahren (nach starken Gewitter-
regen zur Frühjahrszeit „Irmisch‘“) wieder zahlreich hervorbrechen.
Es ist nun meine Absicht, im gegebenen Zeitpunkt hier wieder
über den Stand der Orchideenforschung in Württemberg und Hohen-
zollern zu berichten. Hierbei stütze ich mich vorerst auf das Studium
der einschlägigen Literatur, sowie auf die Ausbeute meiner botanischen
Exkursionen. Dies würde jedoch nicht ausreichen, um ein vollständiges
und fehlerfreies Bild unserer Orchideenflora zu geben, und trete ich
deshalb an alle Freunde der heimischen Flora mit der Bitte heran:
1. Wer Herbarien besitzt, möge mir gütigst seine Orchidaceen
zur Durchsicht zur Verfügung stellen. .
9, Wer unbekannte, zweifelhafte oder seltenere Formen
findet, möge mir dieselben getrocknet oder lieber in frischem Zustande
übersenden, damit ich dieselben bestimmen kann 1, Den Pflanzen möge
eine Angabe über die Häufigkeit und Verbreitung der Orchideen
an den Standorten in Form eines Bruches beigefügt werden, wobei im
Zähler 1 = nur an einer Stelle, 2 = an wenigen Stellen, 3 = an
vielen Stellen; im Nenner 1 = in einzelnen (1—5) Exemplaren, 2 = in
mehreren (bis etwa 50) Exemplaren, 3 = in vielen Exemplaren be-
deutet, wie dies auch sonst schon angewendet wurde. Die zur Unter-
suchung eingesandten Pflanzen werden, sofern sie nicht von den Ein-
sendern zurückverlangt werden, nach Abschluß der Arbeit dem Herbarium
des Vereins für vaterländische Naturkunde überwiesen und dort all-
gemein zugänglich erhalten werden.
Tübingen, im Frühjahr 1910.
Zur Bestimmung kritischer Formen, Bastarde und Unterarten hat Herr
Max Schulze (Jena) seine Beihilfe bereitwilligst zugesagt,