Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 67, 1911)

XLI — 
Geboren am 25. November 1836 und aufgewachsen zu Ulm, 
begann Baur 1853 seinen Studiengang im. Polytechnikum zu Stutt- 
gart und setzte ihn 1857 in Tübingen fort. Sein Streben war von 
Anfang an auf das praktische Bergfach gerichtet, aber selbstver- 
ständlich mußten ihn dabei in erster Linie die fundamentalen Natur- 
wissenschaften, vor allem die Geologie, fesseln, außerdem aber wid- 
mete er sich mit besonderem Interesse der Botanik, Paläontologie 
und Anatomie. Mit Liebe und Verehrung sprach er stets von seinen 
Stuttgarter Lehrern Kurr und Ayıss, und in Tübingen saß er zu 
den Füßen des Altmeisters schwäbischer Geologie, F. A. QuEnsTEDT. 
Damals stand die schwäbische Geologie und speziell die QuEnsTEDT- 
sche Schule noch auf dem rein stratigraphischen Standpunkt. Mit 
bewundernswertem Fleiße und Ausdauer hatte QuensteDt die Gliede- 
rung unseres Jura bis in alle Einzelheiten durchgeführt und nicht 
minder die Kenntnis der Fossilien erweitert. Eine Grundlage war 
damit geschaffen, welche auch heute noch maßgebend ist und unsere 
Alb gewissermaßen als klassisches Gebiet der Juraentwicklung stem- 
pelte. Für tektonische Fragen aber, die natürlich erst mit den 
kartographischen Arbeiten in den Vordergrund traten, hatte QuEn- 
STEDT damals und auch später nicht viel übrig. Für ihn lag der 
Jura unserer Alb normal, wie er einstens im Jurameer sich gebildet 
hatte; der Steilrand mit seinen Weißjurafelsen entsprach dem alten 
Riffe und die isolierten, nach Norden vorgelagerten Schollen wurden 
als Buchten des ursprünglichen Meeres gedeutet. Daß aber QuEn- 
STEDT auch diese Gebiete am Herzen lagen, beweist die Stellung der 
Preisaufgabe für 1859, welche „Die Lagerungsverhältnisse des Lias 
auf dem linken Neckarufer“ zum Thema hatte. C. Baur machte 
sich an diese Aufgabe und erwarb sich mit deren preisgekrönter 
Lösung 1859 den Doktorgrad. Die Arbeit selbst ist in unseren 
Jahresheften (XVI, Bd. 1860. S. 265) zu finden. Die Lösung Baur’s 
entspricht insofern der QuznsTEDT’schen Anschauung, als in den Lias- 
vorkommnissen des Filderrandes die Uferbildungen und Anlagerungen 
einstiger Jurameeresarme gesehen wurden, sucht aber auch schon 
der damals noch neuen Anschauung von tektonischen Vorgängen 
Rechnung zu tragen, indem C. Baur Verwerfungen annimmt, die- 
selben aber in die Zeit von Lias Alpha verlegt und damit die Aus- 
bildung der Liasbuchten zu erklären sucht. Bekanntlich wurden 
schon damals diese Lagerungsverhältnisse von DErFNER, BacE und 
O. Frass richtig als Schollen erkannt, die durch Verwerfungen ab- 
getrennt und abgesunken, sich bis heute erhalten konnten, während
	        
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