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Buchten (im Muschelkalk von Cannstatt abwärts) und reicher Mol-
luskenfauna.
Im Oberlauf unterscheidet sich die Molluskenfauna des Neckars
nicht von der seiner kleinsten Zuflüsse; es ist die Bachfauna.
Im Unterlauf stellt sie sich der des Rheins zur Seite: es ist die
Strom-(Fluß-)fauna.
Der Übergang sollte ein allmählicher sein, Er vollzieht sich
aber im Neckar ziemlich rasch und zwar durch die Uferbauten.
Was sonst eine Schädigung und Verdrängung der ursprünglichen
Tierwelt bedeutet, gereicht ihr hier zum Vorteil. Die Flußkorrektion
hat gesicherte und dauernde Zustände herbeigeführt, und sie hat
die Buhnen geschaffen*. Die Launen des Flusses werden in ihrer
Gefährlichkeit für die Ufer und damit für die Wohnplätze der Mol-
lusken abgeschwächt, und in den Buhnen eröffnen sich gesicherte
Wohnstätten, die der unbezähmte Fluß nicht bietet. Ganz. ähnlich
ist es im Main.
In den Buhnen ist heutzutage die eigentliche Neckarfauna
zu suchen; das Strombett ist weit hinunter bis ins badische Gebiet
noch leer. Ihr Vorteil besteht in der Gelegenheit zur Schlamm-
ablagerung und in der Verbindung mit dem fließenden Wasser, in
der Verhinderung der. Stagnation. Es sind, obwohl sie bisweilen
auch als Altwasser angesehen werden, keine Altwasser im biologischen
Sinne; ihre Fauna wird von der Lebenskraft getragen, die an das
fließende Wasser gebunden ist. Wenn wir einen Grenzpunkt für
die Stromfauna des Neckars angeben wollen, müssen wir Cann-
statt einsetzen, wo die Uferbauten beginnen, die für die Neckar-
schiffahrt ausgeführt wurden.
Leider setzt bei Cannstatt auch gleichzeitig ein weiterer, wenig
erfreulicher Umstand kräftig ein: die tiefgehende Verunreinigung
durch die Abwässer. Sie stören von Anfang an. Schon die
Schwenninger und Trossinger überladen das junge Neckarlein mit
Unrat daß es einen Anblick zum Erbarmen bietet, der in schnei-
ı Die Buhnen sind die seichten Uferregionen und seitlichen Buchten eines
Flusses, welche bei der Regulierung mit Steindämmen von dem dem Verkehr
dienenden Strombett abgetrennt wurden, Gewöhnlich werden sie von Querdämmen
in mehrere Abschnitte zerlegt und stehen durch schmale Öffnungen miteinander
in Verbindung, Da zwischen Cannstatt und Heilbronn seit langer Zeit kein
regelmäßiger Schiffsverkehr mehr stattfindet, sind die Dämme teilweise zerfallen
und undicht geworden. In den Fugen haben sich Sphärien angesiedelt; auf den
Steinen sitzen Limnäen und Neritinen.