Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 67, 1911)

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Für den Baumeister ist das weiche, brüchige und besonders bei 
starker Durchfeuchtung durch Bergwasser leicht rutschende Gestein ein 
nicht immer ungefährliches Baugelände. 
Der die Bunten Mergel in zwei Stufen scheidende Kiesel- 
sandstein ist wegen seiner geringen Mächtigkeit für die Eßlinger 
Umgebung ohne praktische Bedeutung. 
An der Grenze zwischen den Bunten Mergeln und der Stufe der 
Stubensandsteine findet sich eine Leitschicht wichtigster Art: ein 
Quellhorizont. Dieser bietet nicht nur dem Geologen einen wich- 
tigen Fingerzeig, wo er die Grenzen der genannten beiden Schichten 
zu suchen hat — denn allenthalben sprudeln dort Quellen hervor, die 
zumeist auch auf der neuen topographischen Karte mit blauen Punkten 
eingetragen sind —, die wasserführende Schicht ist auch ganz be- 
sonders wichtig für die Quellwasserversorgung des schwäbischen Keuper- 
landes. Infolge der starken Porosität und der reichen Zerklüftung der 
Stubensandsteine sammelt sich das Wasser auf den wenig wasserdurch- 
lässigen Mergeln und sickert an der Grenze in der Einfallsrichtung 
des Gebirges weiter, bis es an den Berghängen als Quelle zum Vor- 
schein kommt. Das Wasser gehört, da es nur Kalk, nicht aber den 
unangenehmen Gips enthält, zu den besten Württembergs. So bezieht 
Stuttgart den größten Teil seines Quellwassers aus diesem Horizont 
von Kaltental, 
Die Stufe der Stubensandsteine umfaßt in der Eßlinger 
Gegend u. a. eine Reihe von Sand- und Sandsteinablagerungen, die zu 
den verschiedensten Zwecken dienten und dienen. Ehemals wurde der 
zermahlene weiche Sandstein als Fegsand, „Stubensand‘, benutzt, wo- 
her die ganze Stufe ihren Namen hat. Von jeher hat er als Bausand 
Verwendung gefunden. 
Der in den unteren Lagen der Stufe sich findende felsenbildende 
„Fleinstein‘‘ ist ein reiner Kalksandstein, d. h. ein von Kalk als Binde- 
mittel völlig durchdrungener Sandstein, bei dem ein als Zement ausgeschie- 
denes Kalkspatindividuum oft Tausende von Sandkörnern umschließt, ähn- 
lich wie es vom ‚,kristallisierten Sandstein‘‘ von Fontainebleau bekannt 
ist. Der Kalksandstein ist als Pflasterstein wegen seiner Härte und Kom- 
paktheit sehr geschätzt. Wenn er dem Granit an Qualität auch keines- 
wegs nahekommt, so hat er doch wie jener die sehr wertvolle Eigen- 
schaft, daß seine Oberfläche wegen des Wechsels zwischen harten und 
weichen Mineralien (Quarz und Feldspat einerseits und Kalkspat anderer- 
seits) bei der mechanischen Abnutzung rauh erhalten bleibt, Auch zu 
Schotter eignet er sich auf nicht sehr stark befahrenen Straßen 
ganz gut. 
Die Werksteinlager der Stufe der Stubensandsteine sind in der 
Eßlinger und Nürtinger Gegend auf die oberen Schichten beschränkt. 
Hier stehen in bald größerer, bald geringerer Mächtigkeit die ‚„weißen‘‘ 
Sandsteine (im Gegensatz zu den „gelben‘ Rätsandsteinen) an, die 
vor etwa 50 Jahren als „Kölner Dombausteine‘ große Berühmtheit er- 
langten. Heute ist ihre Verwendung stark zurückgegangen, wenngleich 
die Sandsteine wegen ihrer meist reinweißen Farbe, des Fehlens einer 
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