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Redners vornehmlich die Träger der allgemein weitverbreiteten Radio-
aktivität, nachzuweisen. Und wenn wir heute wissen, daß Radium-
emanationen überall im Bereiche der Erdrinde vorhanden sind, im
Ackerboden, in der Bodenluft eines verwitterten Granits häufiger als
in der Bodenluft eines Quarzsand- oder Kalkbodens, in kalten und
heißen Quellen, dann ist diese Tatsache nach dem Redner in dem be-
tonten Zusammenhange zu erklären. Es scheint ihm auch besonders
wichtig, daß eine tiefgreifende Verwitterung die Radioaktivität im Zirkon
gewissermaßen freimacht und er weist da auf das Beispiel der Bütt-
quelle in Baden-Baden hin, die nächst der Gasteiner Quelle in Mitteleuropa
nach den Untersuchungen Englers die höchste Radioaktivität auf-
weist. Nach eigenen vom Redner früher ausgeführten Untersuchungen
im Badener Thermalgebiet beruht das vielleicht darauf, daß die Bütt-
quelle ihren Weg nimmt durch tief verwitterten mächtigen Granitschutt,
im Gegensatz zu den anderen Badener Thermen, die mehr direkt aus
dem anstehenden Gestein hervortreten.
Bekanntlich ruft die Einwirkung der Radiumstrahlen gewisse Ver-
färbung bei bestimmten Mineralien hervor; Versuche besonders von
Mügge und Doelter haben gelehrt, daß durch Glühen entfärbter
Rauchtopas seine braune Farbe unter der Einwirkung der Radium-
strahlen wieder erhält, ebenso roter Hyazint, wenn derselbe durch
Glüben farblos gemacht war, seine Farbe zurückerhält. Ähnlich ver-
halten sich verschiedene andere Mineralien. Von diesen Tatsachen aus-
gehend, kam Mügge auf den Gedanken, daß in Graniten die tief dunkel-
braunen Höfe um die in braunem Glimmer eingewachsenen mikroskopischen
Zirkone durch die von diesen ausgehende Radioaktivität hervorgerufen
sein müssen, wie man sich ja auch durch einen direkten Versuch über-
zeugen kann, indem man durch ein winziges Körnchen von Radium-
bromid tatsächlich auf braunem Glimmer einen ähnlichen farbigen Hof
erzeugt. Da nun aber der radioaktive Wirkungswert von Radium-
bromid denjenigen der Zirkone um das millionenfache übertrifft, so
müssen überaus lange Zeiträume verflossen sein, bis sich diese farbigen
Höfe um den Zirkon in so kräftiger Ausbildung entwickeln konnten,
wie wir sie heute beobachten. Tatsächlich findet man diese intensiven
Höfe in der Regel nur in alten granitischen Eruptivgesteinen ent-
wickelt, in großer Verbreitung und schöner Ausbildung; in den jüngeren
entsprechenden Eruptivgesteinen scheinen sie zu fehlen. Damit hätte
man eine Art von geologischem Chronometer — alte und junge Tiefen-
gesteine dieser Art zu unterscheiden.
Auf Grund der überall in der Erdrinde vorhandenen radioaktiven
Emanationen haben zahlreiche Berechnungen ergeben, daß der Vorrat an
feinverteilten radioaktiven Substanzen innerhalb der Erdrinde ein ganz
außerordentlich großer sein muß. Die mit dem Zerfall des Radiums
entwickelte Wärme muß demnach eine ganz bedeutende Wärmequelle
für die Erdrinde darstellen, die die durch Abkühlung an den Weltraum
abgegebene Wärme fast nahezu zu ersetzen vermag. Daraus folgt aber,
daß die Abkühlung der Erde ungemein verlangsamt wird und daß es
gar nicht nötig ist, einen besonders hohen Vorrat an Eigenwärme im