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aber er beklagte sich nicht, dazu war er von der Notwendigkeit
seiner vaterländischen Pflicht viel zu sehr durchdrungen.
Unmittelbar darauf fand er seine erste praktische Anstellung in
Freiberg in Sachsen. Entscheidend für die Annahme dieser Stelle mag
hier wieder seine Liebe zur Geologie gewesen sein. Die alte Bergstadt
mit ihren Erinnerungen an Asranam WERNER, der hier wirkte und
die. Geologie ins Leben rief, und an B. v. Corra und A. STELZNER,
mag eine gewisse Anziehung ausgeübt haben und vor allem das
Erzgebirge mit seinem geologisch ungemein mannigfaltigen Aufbau.
Aber diese erste praktische Stellung in der Deutschen Versuchs-
anstalt für Lederindustrie in Freiberg hat ihn mit der überreichlich
schematischen Arbeit auf die Dauer wenig befriedigt. Dafür fand
er einen Ersatz im persönlichen Verkehr mit- den bergakademischen
Kreisen. Zahlreiche Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung
von Freiberg, in die Lausitz, in den Steilabsturz des Erzgebirges
nach Böhmen hinein und selbst bis in den Böhmerwald brachten
ihm eine Unsumme wissenschaftlicher Anregung. Zugleich lernte
er in den deutsch-böhmischen Grenzgebieten die Nöte des von den
Tschechen hart bedrängten deutschen Volkstums aus eigner An-
schauung kennen. Temperamentvoll, wie es seinem lebhaften deut-
schen Empfinden entsprach, schloß er sich der deutsch-völkischen
Bewegung an, und verkehrte in Freiberg mit Vorliebe bei den
dortigen Burschenschaften. Am 1. Juli 1914 kündigte er seine
Stellung behufs Ableistung einer militärischen Übung beim 16. sächs.
Infanterie-Regiment No. 182 und einen Monat später marschierte er
mit diesem Regiment ins Feld. Was ihm beim Gamaschendienst
der Friedenszeit in der Kaserne fehlte, eine gewisse Gelenkigkeit
des Körpers beim Turnen, trat jetzt ganz zurück gegenüber seinen
sonstigen glänzenden Eigenschaften als Feldsoldat, als da sind:
schnelles Orientierungsvermögen, scharfe Beobachtungsgabe, Zuver-
lässigkeit und Ausdauer im Ertragen körperlicher Anstrengungen.
Hier hatte er die Genugtuung, anerkannt und mit dem Vertrauen
seiner Offiziere bei der Ausführung verantwortungsvoller Aufgaben
geehrt zu werden. Er nahm an den Kämpfen in Belgien teil, an dem
großen Vormarsch in Frankreich, an dem verlustreichen Rückzug
zur Aisne und starb am 26. September durch einen Brustschuß den
Heldentod. Sein in einer gewissen Vorahnung des ihm beschiedenen
Schicksals ausgesprochener Wunsch, ihn zusammen mit seinen
Kampfgenossen in fremder Erde zu betten und das dadurch ersparte
Geld den Kriegsopfern zugute kommen zu lassen, zeugt von edelster
Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Wüärtt. 1915.