Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 71, 1915)

1492 
Monıtz TrRAusEe’s, es möchte in der Hefe ein Enzym vorhanden sein, 
das die Gärung bewirkt, konnte nicht mit Beweisen belegt werden, 
hatte doch schon LüDErspDorRFF 1846 versucht, aus. zerriebenen Hefe- 
zellen das gesuchte Enzym zu isolieren, angeregt durch eine Idee 
NäszLr’s, die den Zucker spaltende Wirkung ginge direkt und aus- 
schließlich vom lebenden Protoplasma der Hefe aus. 
Erst 1896 ist es dann bekanntlich E. Bucaner gelungen, den 
ausstehenden Beweis für die enzymatische Natur unseres Vorgangs 
zu. erbringen, womit der Streit zu einer beiden Teilen gerecht werden- 
den Erledigung gebracht worden ist. Denn wir können die Gärung 
nunmehr zwar ohne lebende Hefe zur Auslösung bringen, sind aber 
nicht imstande, das wirkende Prinzip anders als aus der Hefe zu 
gewinnen, Es wird Zymase genannt und zeigt sich wirksam nur 
gegen dieselben Zucker wie die Hefe selbst, wie denn überhaupt auch 
hier wieder. ein weitgehender Parallelismus zwischen Enzym und 
lebender Zelle festgestellt werden konnte, denn seit der Entdeckung 
BucHNER’s ist man eifrig bemüht gewesen, die Bedingungen genau 
festzulegen, unter denen die Zymase am besten wirken kann. Dann 
hat man es sich aber auch angelegen sein lassen, einen tieferen 
Einblick in den Chemismus der Zuckerspaltung selbst zu gewinnen, 
die schließlich zum Alkohol und zur Kohlensäure führt. Denn dem 
Entstehen dieser Endprodukte muß eine Umwandlung des Zucker- 
moleküls voraufgehen, in die ein Einblick bisher nicht möglich war, 
weil Zwischenprodukte nicht gefaßt werden. konnten wohl wegen 
des raschen Verlaufs des Vorgangs bis zum Ende. So hat man sich 
begnügen müssen, die chemisch möglichen Zwischenprodukte, die 
auf anderem Wege dargestellt werden konnten, auf ihr Verhalten 
der Hefe gegenüber zu untersuchen, wobei sich ergeben hat, daß 
bei der Umwandlung des Zuckermoleküls. das Wasser eine Haupt- 
rolle spielen muß, und zwar entweder in der Art, daß es in ver- 
schiedener Weise angelagert und wieder abgespalten wird, oder da- 
durch, daß es mit seinen. beiden Bestandteilen gleichzeitig wirkt, 
d, h. daß an einer Stelle eine Reduktion.durch Wasserstoff, an anderer 
eine Oxydation durch Sauerstoff eintritt. Letztere führt. zur Kohlen- 
säure, erstere zum Alkohol, in dem aber nur noch ein Teil der im 
Zucker vorhandenen Energie wieder erscheint. Bei der Gärung geht 
also chemische Energie des: Kohlenstoffs verloren, die, wenn, sie 
durch Hefe selbst erfolgt, in der Vermehrung der Hefe als Stick- 
stoffenergie ihren Ausgleich findet. Lernt man also diese voll zu 
verwerten, so ist der wichtigste Einwand gegen die Gärungsgewerbe,
	        
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