Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 72, 1916)

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‚Das Vernichtungswerk der mechanischen, durch chemische und 
technische Forschung vervollkommneten Kampfmittel der Völker wird 
vielfach unterstützt durch weniger auffallende, aber darum nicht weniger 
wirksame Energiequellen; die Seuchenerreger. Früher für giftige Dünste, 
Miasmen, gehalten, wurden sie durch, die Forschungen, namentlich des 
letzten Jahrhunderts, als mikroskopische Lebewesen erkannt, die durch 
ausgeschiedene Stoffwechselprodukte, Toxine, Krankheiten zu verursachen 
imstande sind. Andere Angehörige derselben Organismengruppe wurden 
als höchst wertvolle Arbeitskräfte im Haushalt der Natur, zum Teil 
als unentbehrliche Förderer des menschlichen Lebens erkannt. Zu ihrer 
Erforschung und damit zur schnellen Feststellung der durch sie hervor- 
gerufenen Erkrankungen sind besondere Arbeitsmethoden ersonnen 
worden, zu denen besonders die Schaffung geeigneter Nährböden (unter 
denen namentlich die aus Gelatine und aus Agar hergestellten festen 
Nährböden eine große Bedeutung erlangt haben) und deren Sterilisation 
sowie das Färben der Präparate gehört. Redner schilderte die Unter- 
suchung der Luft und die namentlich im Krieg wichtige Prüfung des 
Trinkwassers auf ihren Gehalt an Bakterienkeimen und besprach dann 
eingehender den Nachweis der Typhuserreger und ihre Unterscheidung 
von den formgleichen Kolibazillen. Weiterhin wurde die gerade im 
Krieg hervortretende außerordentliche Bedeutung der künstlichen Im- 
munisierung, insbesondere die Schutzimpfung gegen Typhus und Cholera, 
im Anschluß auch die gegen die Pest ‚besprochen und die Gewinnung 
wie auch die Wirkungsweise der dazu verwendeten Impfstoffe erläutert. 
Während gewisse Mikroorganismen Stoffe erzeugen, die auf die ihren 
Nährboden bildenden Wesen, insbesondere den Menschen, schädigend 
oder gar tötend wirken, gibt es andere, die für die Ernährung wert- 
volle Stoffe erzeugen. Unter ihnen haben sich neuerdings namentlich 
die Hefepilze hervorgetan, deren Fähigkeit, ihren eiweißreichen Leib 
aus billigen, für unsere Ernährung aber nicht unmittelbar zu verwerten- 
den Rohstoffen aufzubauen, von den Chemikern Lindner und Delbrück 
bekanntlich dazu benützt wird, durch Züchtung solcher Hefepilze im 
großen ein vortreffliches, leicht verdauliches und bekömmliches Nahrungs- 
mittel, die getrocknete „‚Nährhefe‘, zu gewinnen. Der Erfolg dieser 
Untersuchungen hat nun unter dem Einfluß der durch den Krieg ge- 
schaffenen Lage des Fettmarktes dazu geführt, einer weiteren Fähigkeit 
der Mikroorganismen erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Schon im 
Jahre 1878 wurde von O0. Loew und Naegeli bei Münchener Bierhefe 
ein Fettgehalt von 5 °/o festgestellt, .der sich bei geeigneter Zucht .bis 
auf 12 %o steigern ließ. Man ging daher schon seit einiger Zeit der 
Frage nach, ob sich nicht unter den Hefepilzen solche fänden, die als 
schnellwüchsige Fettbildner verwendet werden und die Fetterzeugung 
unserer Haustiere ergänzen könnten. Die bisherigen Untersuchungen 
führten zu keinem vollbefriedigenden Ergebnis; doch wurde im April d. J. 
durch einen im Felde stehenden Schüler Prof, Lindners ein im zucker- 
haltigen Saftfluß gewisser Bäume, besonders der Birke, lebender kleiner 
Schlauchpilz entdeckt, der in künstlicher Kultur auf zuckerhaltigem 
Nährboden in seinen Zellen neben 31 9% Rohprotein, 43 °/9 Kohlehydrat
	        

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