Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 77, 1921)

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des amerikanischen Astronomen Pıckerıne. Darnach wurde der Mond im 
Gebiet des. heutigen Stillen Ozean, als die Erde schon eine feste Kruste 
hatte, herausgeschleudert, nur nicht vor 59 Millionen Jahren, wie DARwınN 
der Jüngere meinte, sondern eben zur Zeit der Vereisung des amerika- 
nischen und europäischen Nordens, so daß der älteste Mensch Zeuge 
dieser Katastrophe gewesen sein muß. Als Gegengewicht gegen die 
Mondvorwölbung, die im Zusammenhang mit der tertiären Gebirgsbildung 
von West nach Ost vorwärtsschreitend zu denken ist, bildete sich auf 
der entgegengesetzten Erdhälfte eine entsprechende Gegenvorwölbung, 
die ebenfalls vereiste, wie die Mondvorwölbung, und die in ihren Spuren 
erhalten blieb, während die eigentliche Vereisung mit dem Mond wegflog. 
Mit -dieser Mondwerdung steht im Zusammenhang die Zerreißung der 
Erdkruste und das Wandern der Festländer im Sinne von PıcKERING 
und A. WEGENER. Zugleich vollzog sich damit die Zerreißung der bis 
dahin konstant die ganze Erde umhüllenden Wolkendecke. Dieser Kampf 
zwischen Licht und Finsternis und der große Einfluß dieser Veränderung 
des Weltalls auf die ganze Entwicklung aller Lebewesen gab dem Redner 
Gelegenheit, für manche Fragen auf verschiedenen Gebieten der Wissen- 
schaft. eine Erklärung zu geben. Schmid. 
(Näheres s, K. Schips, Die biblische Urgeschichte im Lichte 
der DARWIN-PICcKERING’'schen Mondhypothese. In ‚Rottenburger Monats- 
schrift“ 1920.) 
An dritter Stelle sprach Reallehrer K. Bertsch-Ravensburg über 
„Ein Kriegsopfer unserer Flora“. 
Der Wechsel-Steinbrech, Saxifraga amphibia, hatte am württem- 
bergischen Bodenseeufer zwei Standorte: bei Friedrichshafen und bei 
Manzell. Vor einem Jahrzehnt wurde der. erste durch Dämme gegen 
das. im Sommer andringende Seewasser geschützt und in einen Garten 
umgewandelt. Der zweiten Kolonie waren schon die ersten Ballon- 
versuche des Grafen Zeppelin, die "Tausende von Zuschauern an seinen 
Standort gelockt hatten, gefährlich geworden. Achtlos hatte die gaffende 
Menge sie zertreten und zerstampft. Aber als es wieder still geworden 
war um die alte Ballonhalle, erholte sich die Pflanze ganz erfreulich. 
Nun ist sie ein Opfer des Weltkrieges geworden. Die Kriegswerkstätten 
des Flugzeugbaus bedecken die Stelle, wo jahrtausendelang die herrlichen 
Blüten in tiefem Weinı:ot erstrahlten, Der Wechsel-Steinbrech ist nämlich 
ein Überrest aus jenem Abschnitt des Eiszeitalters, da der abschmelzende 
Gletscher die Konstanzer und Lindauer Moränen aufgebaut hat. Nur 
dort tritt er auf, wo diese Moränen am Seerand entlang streichen, und 
immer findet er sich darum in der Nähe von Irrblöcken. So lag bei 
seiner Hauptkolonie der gewaltigste erratische Block des ganzen Boden- 
seegebiets, ein über 100 cbm messender Flyschsandstein, den der Un- 
verstand kurz vor Ausbruch des Krieges gesprengt hat. Unter dem 
Schutze des im Sommer regelmäßig wiederkehrenden Wasserstandes, der 
ihn vor der Überwucherung durch die schnellwüchsigen Pflanzen der 
Niederung und vor allzu starker Erwärmung bewahrt, konnte er sich 
behaupten. Wo aber die Moränen den Seestrand verlassen und landein-
	        
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